Leserbriefe

500 Montagsdemos gegen Stuttgart 21

Peter Främke, Neckartailfingen. Zum Artikel „Es wird eng für Demos im Kessel“ vom 4. Januar. Christine Bilger erklärt in ihrem Kommentar „Stress und Freude“, die Vielfalt der Kundgebungen im Kessel sei – Zitat: „ . . .  ein Grund zur Freude über die Freiheiten, die wir genießen“, weil das Grundgesetz das Recht auf Versammlungsfreiheit gewährt. Auch erwähnt sie die nach zehn Protestjahren mittlerweile 500 Montagsdemos gegen S21 – am 3. Februar 2020 um 18 Uhr – und die ewige Mahnwache der S21-Gegner am Hauptbahnhof, die Tag und Nacht auskunftsbereit zu S21 ist – ohne Pause an 365 Tagen im Jahr.

Auch die anderen Kundgebungen wie „Fridays for Future“ werden von S21-Gegnern zahlreich unterstützt. Diese Freiheit wird auf den Demos natürlich genutzt, um Fehlentwicklungen wie S21, aber auch viele andere Themen in klugen und engagierten Reden immer aktuell aufzuzeigen und den Menschen die Fakten zu vermitteln. Aber wo bleibt der Erfolg dieser ehrlichen Bemühungen? Am Beispiel von S21 wird deutlich, dass Versammlungsfreiheit nur innerhalb der engen Grenzen gilt, die der Staat in eigener Machtvollkommenheit festlegt mit Vorwänden wie Rechtsstaat, Demokratie, Terrorismus et cetera.

Der Überwachungsstaat wird ständig perfektioniert mit Polizeigesetzen und gewaltsamen Polizeimaßnahmen, wie bei dem Wasserwerfer-Einsatz am 30. September 2010, dem „Schwarzen Donnerstag“. Dieser Einsatz war „rechtswidrig“, wie das Verwaltungsgericht Stuttgart nach mehr als fünf Jahren endlich urteilte. „Stuttgart 21“ wurde „demokratisch legitimiert“ von einer machtvollen Minderheit, die das System perfekt beherrscht, mit dem die neoliberale Herrschaft gesichert und ausgebaut wird, um die unglaublich vielen Steuergelder – zehn Milliarden bei S21 – ungefährdet in die Kanäle der Reichen und Mächtigen zu lenken. Auch die aktiven S21-Gegner sind eine Minderheit, deren Versammlungs-Freiheit sogar geschützt ist durch das Grundgesetz – aber mehr auch nicht. In der „Repräsentativen Demokratie“ werden gültige Entscheidungen nur in Parlamenten getroffen – und auch dort nur von „Mehrheiten – die wichtiger sind als Wahrheiten“, wie der Landesvater Kretschmann so gern betont. Die „Straße“ wird eventuell „gehört“ – bleibt aber wirkungslos. Nur wenn endlich Direkte Demokratie mit fairen Volksentscheiden erreicht wird, gäbe es wirklich einen Grund zur Freude.

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