Weihnachtsgrüße
Tokio schmückt sich mit dekorativer Illumination
Bei Sofia Holder in Japan beginnt Weihnachten kommerziell direkt nach der gruseligsten Nacht des Jahres
28 Grad und eine lachende Sonne. So begrüßte mich Tokio, als ich Anfang Oktober nach einem langen Flug ankam. Mit meinen Winterstiefeln an den Füßen und der Winterjacke im Arm fühlte ich mich etwas fehl am Platz, aber das waren nur einige Maßnahmen, um Platz im Koffer zu schaffen. Denn die nächsten zehn Monate wohne ich nun in der japanischen Hauptstadt, wo ich als Austauschstudentin zwei Semester lang an der Universität Tokio studiere.
Auch wenn dies nun die längste Zeit sein wird, in der ich nicht in Deutschland sein werde, wird mir der Aufenthalt hier wahrscheinlich kurz vorkommen, denn die Zeit vergeht wie im Fluge.
Seit dem ersten Tag in dieser Riesenmetropole gibt es jeden Tag neue Erfahrungen und Erkenntnisse, sei es die überfüllte U-Bahn am Morgen oder das nicht ganz so günstige Leben in Japan. Wie wäre es mit einem großen Apfel für durchschnittlich einen Euro oder einem Pfirsich für drei Euro?
So gibt es viel Gesprächsstoff, den man mit den anderen internationalen Studenten austauschen kann, denn Möglichkeiten, neue Freundschaften zu schließen, gibt es viele, wie zum Beispiel das internationale Studentenwohnheim, in dem ich wohne, oder die fast täglichen Treffen zum Mittagessen auf dem Campus.
Neben dem Studium gibt es auch hin und wieder Zeit, Tokio zu erkundigen oder Tagesausflüge in die nähere Umgebung zu unternehmen. Vor allem die Herbstzeit eignet sich wunderbar dazu, denn die Bäume leuchten nur so in roten und gelben Farben. Kein Wunder, dass die Japaner, aber auch die Touristen fleißig Gebrauch von ihrer Kamera machen.
Nun im Dezember bin ich froh über meine Winterbekleidung, da es nun recht kühl geworden ist, aber weiße Weihnachten werde ich dieses Jahr wohl nicht erleben. Dass Weihnachten näher rückt, wurde mir hier bewusst, als mir einen Tag nach Halloween vor einer bekannten Kaffeehauskette ein Weihnachtsgetränk als Kostprobe angeboten wurde. So beginnt Weihnachten kommerziell direkt nach der gruseligen Nacht, die hier vor allem mit Kostümpartys gefeiert wird.
Eine dekorative Illumination in der ganzen Stadt ist ein weiterer Versuch, weihnachtliche Stimmung aufkommen zu lassen, aber es fehlen doch die Plätzchen und der weihnachtliche Duft in den Straßen.
Ein Weihnachtsfest wie bei uns gibt es nicht. Dies ist der große Unterschied zu Deutschland: In der Weihnachtszeit trifft man sich eher mit Freunden in einer gemütlichen Runde zum Essen.
Der Jahreswechsel dagegen wird traditionell mit der Familie gefeiert, bei der dann auch leckere Speisen auf dem Tisch stehen. Am letzten Tag des Jahres wird „Toshikoshi-Soba“ gegessen, lange Nudeln, die für ein langes Leben stehen. Ein Feuerwerk wird nicht veranstaltet, aber in der Nacht oder am nächsten Tag steht ein Tempelgang an. Am Neujahrstag genießen die Japaner dann unter anderem Mochi, eine Art Reiskuchen, was Glück bringen soll. Für die Tage um Silvester werde ich an einem Programm teilnehmen, bei dem ich mit anderen Studenten eine rein japanische Jahreswende miterleben kann. So wird es zum ersten Mal nicht die jährliche Gulaschsuppe an Neujahr geben. Deshalb bleibt mir nur noch zu sagen: Genießt das deutsche Weihnachtsessen, die Feiertage mit der Familie und die bunte Silvesternacht! Wunderschöne Weihnachtsgrüße an meine Familie, Freunde und alle Leser der Nürtinger Zeitung und einen guten Rutsch ins Jahr 2013, das Jahr der Schlange!
Sofia Holder