Weihnachtsgrüße

Im Dezember wird es ruhig und „koselig“

Vor mehr als zwei Jahren starteten Anja, Mike, Louis und Mara Pfeiffer in Norwegen nochmal neu.

Anja und Mike Pfeiffer leben mit ihren Kindern seit mehr als zwei Jahren in Norwegen. Foto: privat

Vor zweieinhalb Jahren hat unser neuer Lebensabschnitt begonnen. Geboren aus einer völlig verrückten Idee, großer Sehnsucht nach dem Meer, Abenteuerlust und voller Vorfreude auf das Unbekannte. Wir, das sind mein Mann Mike, unsere Kinder Louis und Mara, die Hunde Herr Chico und Thiana, zwei Katzen Simba und Malou, und natürlich ich, Anja.

Es hätte ganz schön schief gehen können – einfach unser geliebtes Haus, mit der besten Nachbarschaft, die man sich vorstellen kann, in Unterensingen zu verkaufen. Aufgrund der Grenzschließung haben wir online ein vorher nie gesehenes Haus am Meer in Norwegen gekauft (ich schüttele immer noch den Kopf, wenn ich jetzt darüber nachdenke) und sind in ein fremdes Land gezogen, ohne die Sprache zu sprechen. Unsere zwei Kinder und alle vier Tiere haben es problemlos mitgemacht.

Fazit nach über zwei Jahren: Es war definitiv die beste Entscheidung und wir haben es bisher noch keinen Tag bereut.

Vieles hat sich seitdem in unserem Leben geändert. Mikes Arbeitszeit im Außendienst wurde wesentlich spannender und aufregender, als jeden Tag stundenlang auf der Autobahn im Stau zu stehen. Nun genießt er jede Fahrt durch die extrem abwechslungsreiche norwegische Landschaft, die immer wieder von Fahrten auf der Fähre, von Elchbegegnungen oder Sichtungen von Schweinswalen unterbrochen wird. Alle paar Wochen hat er Adrenalin pur, wenn er wieder für ein paar Tage auf eine Bohrinsel weit draußen in der Nordsee fliegen darf.

Nach einem Jahr zuhause, das ich zur erfolgreichen Eingliederung der Kinder im fremden Land benötigt habe, konnte ich Anfang dieses Jahres in einem ganz neuen Job anfangen zu arbeiten. Als erstes habe ich ein Guide-Training absolviert und ganz viel über die norwegische Geschichte und Kultur gelernt. Danach konnte ich in meinem absoluten Traumberuf starten und ich habe dieses Jahr sehr viele Touren als Guide für deutsche Kreuzfahrtschiffe geführt. Egal ob Wanderungen beispielsweise zum Preikestolen, Museen, Bootstouren in den Fjorden, Stadtführungen – einfach alles rund um die Städte Stavanger und Haugesund.

Unsere Kinder haben sich über die Schule und das Vereinsleben sehr gut integriert. Louis spielt weiterhin leidenschaftlich gerne Fußball. Mittlerweile spielt er in der nächstgelegenen Stadt Bryne, dem ehemaligen Verein des Fußballspielers Haaland.

Mara ist wie in Deutschland unglaublich glücklich, so lange sie viel erlebt und unterwegs sein kann. Sie hat viele Freundinnen für ihre verschiedenen Aktivitäten gefunden und geht ins Jazzdance, zu den Pfadfindern und trampett – das ist Turnen mit Trampolin.

Beide Kinder genießen hier die Leichtigkeit der Schule. Es gibt keinen Druck, keinen Stress, aber wenn es nach Louis geht, zu wenig Mathearbeiten. Täglich bringt der kostenfreie Schulbus die Kinder in die Schule, von der sie meistens mit Löchern in den Hosen wieder heimkommen. Die Pausen werden immer noch zum Fußballspielen, klettern, Tischtennisspielen und vielen weiteren Bewegungsspielen genutzt. Das Motto in Norwegen ist: Die Hauptsache ist, man bewegt sich draußen.

Die Wochenenden werden von uns und allen Norwegern als Familienzeit genutzt. Viele gemeinsame Wandertouren, Grillen am Strand, mit dem Boot auf das Meer raus zum Angeln und immer wieder über die unglaubliche Landschaft staunen.

Einer ihrer Ausflüge zur Erkundung der neuen Heimat führte die Familie an den Polarkreis. Foto: privat

Wir hätten niemals gedacht, dass uns so viele Familienmitglieder und Freunde in Norwegen besuchen würden. Es vergeht kaum ein Monat, in dem wir keinen Besuch aus Deutschland bekommen. Diese Zeit genießen wir immer sehr und es ist schön, alle noch besser kennenzulernen, da man zusammen im Haus wohnt. Allen unseren Gästen konnten wir den Zauber von Norwegen zeigen und sie begeistern.

Jetzt ist es November. Es hat zum ersten Mal ein bisschen geschneit, aber hier an der Südwestküste von Norwegen zieht der Golfstrom vorbei und deshalb gibt es nicht Unmengen von Schnee. Die Tage werden kürzer und in jedem Haus brennt das Kaminfeuer. Die gemütliche Zeit beginnt – hier heißt es: Man macht es sich „koselig“. Viele Häuser sind jetzt schon mit Lichterketten geschmückt. Tatsächlich sieht man ganz deutlich, dass Weihnachten näher rückt. Ganz viele Verkäufer tragen typische Weihnachtspullover mit Rentieren oder Nikoläusen bestickt und haben einen Weihnachts-Haarreif auf dem Kopf. Vor zwei Jahren haben wir noch ungläubig geschaut, jetzt ist es völlig normal.

Alle Vereins-Abschlussfeste und Weihnachtsfeiern finden schon im November, spätestens Anfang Dezember statt. Tatsächlich ist uns aufgefallen, dass der Dezember unglaublich ruhig und beschaulich ist. Es gibt kaum mehr Termine, jeglicher Stress ist abgefallen.

In den letzten beiden Jahren haben wir den Heiligen Abend in unserem neuen Zuhause alleine verbracht. Als erstes sind wir zum evangelischen Gottesdienst in die alte Holzkirche im Nachbarort gegangen, haben danach neu gewonnenen Freunden ein kleines Geschenk vorbeigebracht und anschließend den Abend mit einem leckeren Essen genossen. Es war das erste Weihnachten ohne meine Eltern und da waren wir doch sehr wehmütig. Aber mit einem Videotelefonat während der Bescherung strahlten alle Augen wieder.

Dieses Jahr werden wir die flexiblen Ferientage der Kinder nutzen und Weihnachten in Deutschland verbringen. Sehr praktisch ist es, dass alle Kinder hier ein Anrecht auf zehn bewegliche, flexible Ferientage pro Schuljahr haben. Deshalb können wir schon Mitte Dezember mit meinem Papa und von den Kindern heiß geliebtem Opa zusammen seinen 85. Geburtstag feiern.

Wir freuen uns, dass wir dieses Weihnachten mit der ganzen Familie und Freunden feiern dürfen. Ein Weihnachten, wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Mit meinen Eltern Lothar und Christine Vollmer in die Kirche in Unterensingen gehen, ganz viele Freunde dort sehen und leckeres Essen danach genießen. Die Weihnachtsfeiertage werden genutzt, um gemeinsam mit der Familie und den Freunden das Jahr ausklingen zu lassen.

Auch wenn wir jetzt in Norwegen leben, viele neue Freunde gewonnen haben und das Leben hier lieben, werden wir niemals unsere Familie und Freunde in Deutschland vergessen. Wir freuen uns auf jedes Wiedersehen und sind dankbar, dass alle weiterhin so engen Kontakt mit uns pflegen.

Jetzt wünschen wir euch allen schöne Weihnachten oder wie es hier in Norwegen heißt „God jul“!

Anja und Mike Pfeiffer mit Louis und Mara

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