Licht der Hoffnung

Licht der Hoffnung: Diakonische Bezirksstelle Nürtingen wirft noch mal den Notanker aus

Neun soziale Projekte werden in dieser 33. Saison der Weihnachtsaktion dieser Zeitung unterstützt. Darunter ist das der Diakonischen Bezirksstelle Nürtingen, die Menschen helfen möchte, die von Armut betroffen sind.

Kümmern sich in der Diakonischen Bezirksstelle Nürtingen an der Plochinger Straße um das Projekt Notanker II: (von links) Suzana Benz, Susanne Dörrich und Claudia Brendel. Foto: Jürgen Holzwarth

NÜRTINGEN. Eine junge Familie mit drei Kindern kommt in die Beratung zur Diakonischen Bezirksstelle in Nürtingen. Sie berichten, dass sie nie in den Urlaub gehen, noch nicht einmal einen Wochenendausflug machen, weil es das Budget nicht hergibt. Der eine Sohn ist in der Grundschule. Immer montags sollen die Kinder berichten, was sie am Wochenende gemacht haben. Der Junge will montags gar nicht in die Schule gehen, weil er nie etwas erzählen kann. Diesmal freut er sich auf den Montag. Endlich kann er berichten, dass sie mit dem Zug zur Wilhelma gefahren sind und es für alle auch noch ein Eis gab. Das gab es noch nie. Ermöglicht haben das die an den Kreisdiakonieverband überwiesenen Spendengelder der Aktion „Licht der Hoffnung“ der Nürtinger/Wendlinger Zeitung.

Die Diakonische Bezirksstelle Nürtingen des Kreisdiakonieverbandes im Landkreis Esslingen hat bereits in der vergangenen Saison mit dem Projekt Notanker an der Weihnachtsaktion teilgenommen und schon vielen helfen können. Die Anzahl der hier lebenden Menschen in Not ist allerdings nicht kleiner geworden. Im Gegenteil. „Wir erleben leider weiterhin, wie die stark gestiegenen Lebensmittelpreise und Energiekosten die Not vieler Menschen – Familien, Alleinerziehende, Azubis und Studierende, Rentner – vergrößert haben“, schreibt die Diakonische Bezirksstelle in ihrem Antrag. Daher hat die Diakonie das Projekt „Notanker II“ gestartet.

In den Beratungsgesprächen in der Plochinger Straße 61 treffen die Mitarbeiterinnen häufig auf alleinerziehende Mütter, die ihren Kindern noch nie einen Freibad-Besuch ermöglichen konnten, da das Geld zu knapp ist. Dank „Licht der Hoffnung“ kann die Diakonie Eintrittskarten für das Nürtinger Freibad kaufen und den Müttern geben.

„Wir sind froh, dass wir das Notanker-Projekt noch einmal auflegen können“, sagt Claudia Brendel, Leiterin der Diakonischen Bezirksstelle Nürtingen. „Die Not ist da. Familien aus Nürtingen und Umgebung können nun tun, was sie sich sonst nie leisten konnten, was aber für Normalverdienende alltäglich ist, wie zum Beispiel auch ein Kinobesuch. Es geht dabei nicht zuletzt auch um Integration und Teilhabe an der Gesellschaft.“

Diakonie-Mitarbeiterin Suzana Benz betreut viele nach Nürtingen Zugewanderte und erzählt von einer Familie mit zwei Kindern, die im Sportverein aktiv sind. Wenn sie Fußballschuhe kaufen müssen, bedeutet das im Normalfall, dass dann an anderer Stelle, zum Beispiel beim Lebensmitteleinkauf, gespart werden muss. Diesmal hat der Notanker geholfen.

Der Notanker der Diakonie war auch schon bei anderen außergewöhnlichen Situationen hilfreich, zum Beispiel, wenn ein Kindergeburtstag ausgerichtet werden sollte, die Konfirmation oder Kommunion anstand, das Geld für eine Schultüte zur Einschulung fehlte oder für ein Kleid oder eine Hose für die Schulabschlussfeier oder auch für ein Ticket für die Musiknacht. „All das ist für viele Menschen in Armut nicht mehr zu bestreiten, ohne dass danach enorm verzichtet werden müsste – auf das Nötigste“, berichtet Claudia Brendel. Es drohe schon in jungen Jahren eine Vereinsamung und das Gefühl, nicht dazuzugehören.

Susanne Dörrich ist bei der Schwangerenberatung der Diakonie tätig. „Oft sitze ich alleinerziehenden Mamas gegenüber, die noch nie in der Wilhelma waren – nicht als Kind und auch mit ihren Kindern nicht.“ Diese seien überglücklich, wenn sie Eintrittskarten nebst einem Taschengeld für ein Eis von der Diakonie geschenkt bekommen. Die Diakonie ermögliche aber auch Paaren, dass sie sich mal einen Babysitter leisten können, um als Paar ins Kino, zum Pizza essen oder in die Therme gehen zu können. „Sie kommen dann gestärkt zurück und das tut der ganzen Familie gut.“

Selbstverständlich bekommt aber nicht jeder den Notanker. „Wir überprüfen die Einkommensverhältnisse, bevor wir eine finanzielle Unterstützung auszahlen“, sagt Claudia Brendel. Schon die sozialrechtliche Beratung bei der Diakonie sei indes häufig hilfreich. Dabei kam auch schon einmal heraus, dass eine Familie Wohngeld-berechtigt ist.

„Es ist ein dauerhafter Stress, wenn man keinen finanziellen Puffer hat“, weiß Susanne Dörrich. Stets sei die Angst im Nacken, dass etwas Unvorhergesehenes passiert, etwa die Waschmaschine kaputtgeht. „Mit dieser Belastung hat die Mutter auch weniger Energie für die Kinder.“ Daher müssten die Mütter gestärkt werden.

„Manchmal geben wir einen Gutschein für den Tafelladen heraus“, erzählt Claudia Brendel. Das könne der Fall sein, wenn eine Mutter zum Kindergeburtstag Muffins backen möchte. „Für die meisten sind das normale Sachen, über die wir uns keine Gedanken machen. Natürlich kostet der Einkauf vor einem Kindergeburtstag mehr. Das kann Menschen, die in Armut leben, aber an den Rand der Existenz bringen.“

„Wir haben wirklich schon viele Familien unterstützt und ihnen die Teilhabe am sozialen Leben ermöglicht“, stellt Claudia Brendel fest. Ihr ist es auch wichtig, dass arme Familien beim Freibad-Besuch Kontakte pflegen und die Kinder dort ihre Mitschüler treffen können, um Ausgrenzung und Isolation zu vermeiden. „Es sind Kleinigkeiten, die so viel Wirkung haben“, sagt Susanne Dörrich.

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