Leserbriefe

Zur Diskussion um Gottesdienste

Reinmar Wipper, Nürtingen. Von Nürtingen bis Neuffen gibt es dienstags bis freitags sechs, manchmal sieben katholische Gottesdienste in sechs verschiedenen Kirchenräumen. Mit rund 15 Besuchern im Schnitt, überwiegend ältere und weibliche Personen. Zwei, drei Kinder und Jugendliche im Ministrantendienst. Die Bankreihen dieser sechs Kirchen bieten jeweils 200 bis 300 Plätze. Isoliert gesetzt und gleichmäßig verteilt – was vielfach ohnehin der Fall ist – käme eine Person auf knapp 20 Plätze. Vor oder nach den Eucharistiefeiern gab und gibt es keine kritische Herdenbildung, sodass Ordnungskräfte auf den Plan gerufen werden müssten. Im Ein- und Ausgang keine Knäuelbildung, weil fast alle Menschen innerhalb zehn Minuten einzeln kommen und wieder heimgehen. Ausnahme sind Gehbehinderte mit Begleitung oder Paare.

Warum nur sind auch diese Gottesdienste verboten? Eine Antwort gibt es nicht und kenne ich nicht. Vermutlich, weil viele Entscheidungsträger nur Sonn- und Festtagsgottesdienste in vollen Kirchen kennen, zu denen sie persönlich geladen sind und in der ersten Reihe sitzen. In deren Begründungen ist auch immer von „eng sitzen“ und „unkontrollierbarer Gruppenbildung“ vor und nach der Kirche zu lesen. Ich jedenfalls habe noch keinen dieser Corona-Strategen jemals in einem unserer Werktagsgottesdienste entdeckt, weder vor noch in der Krise, obwohl ich von der Orgel aus den vollen Überblick habe.

Um infiziert zu werden fährt man am besten Bus. Im Schnitt 15 Personen, ohne Abstand, ohne MNS-Maske (Mund-Nasen-Schutz). Nicht viel besser ist es beim Einkaufen in Super- und Baumärkten. Die kleinen Gottesdienste von Montag bis Freitag jedenfalls sind dagegen keine Risikogebiete. Sie sind eher eine Insel der Seligen.

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