Leserbriefe

Wie bildet sich der Willen des Volkes ab?

Simon Bürkle, Wendlingen. Zum Leserbrief „Und was ist mit der Geißler-Schlichtung?“ vom 14. Mai. Ich wundere mich über den Verweis von Herrn Främke auf die Geißler-Schlichtung, schließlich hat diese doch ein grundsätzliches Ja mit Nachbesserungen zum Ergebnis gehabt. Den zentralen Satz des Leserbriefes „Entscheiden soll nicht das Volk, sondern ein dubioses Quorum“ möchte ich dabei energisch zurückweisen. Denn eine bestimmte Mindestteilnehmerzahl ist ganz gewiss nicht „dubios“, der Begriff „das Volk“ dagegen schon: Gerade bei einer Volksabstimmung ohne ein bestimmtes Quorum besteht die Gefahr, dass eine gut organisierte und mobilisierte Minderheit Entscheidungen herbeiführt, die eigentlich keine Legitimierung über eine wirkliche Mehrheit besitzt. Ein Quorum an sich „entscheidet“ nicht inhaltlich, sondern gibt nur Auskunft über die Zulässigkeit einer Abstimmung unter dem gerade genannten Kriterium; andersherum formuliert: Es stellt sicher, dass ein Votum, welcher Art auch immer, wirklich einigermaßen als tragfähiger Wille „des Volkes“ verstanden werden kann.

Daher ist ein Quorum gerade bei zentralen Entscheidungen wie eben einer Volksabstimmung über Stuttgart 21 unerlässlich, auch wenn hier durch einen bereits existierenden positiven Beschluss der gewählten Volksvertreter eine ganz spezielle Ausgangslage herrscht. Diese Entscheidung halte nicht nur ich für richtig, meine Partei hat sich seit mehr als zehn Jahren für das Projekt ausgesprochen und das in den letzten Monaten auch nochmals bekräftigt.

Wenn man Beschlüsse des Parlaments kippen möchte, dann sollte man eine Stimmmasse bei einer Volksbefragung zustande bringen, die oben genanntem Kriterium entspricht. Sollte dies geschehen, muss die Entscheidung akzeptiert werden – wie eben auch die mögliche Tatsache, dass nicht genügend Stimmen für ein ablösendes Votum zusammenkommen oder ein solches gar den Parlamentsbeschluss bestätigt. Zur Demokratie gehören eben Mehrheitsentscheide!

Es ist darüber hinaus, wie in dem Leserbrief von Herrn Främke versucht, nicht möglich, die Maßstäbe einer landesweiten Volksabstimmung an die parteiinterne Organisation der SPD anzulegen. Schließlich gibt es bei einer solchen Mitgliederbefragung für ein Meinungsbild gar keine Notwendigkeit zu irgendeinem Quorum. Schade, dass der unzulässige Äpfel-Birnen-Vergleich gerade hier gezogen wird, schließlich ist eine parteiinterne Abstimmung bei derartigen Grundsatzentscheidungen ein positives basisdemokratisches Element, das die SPD auszeichnet.

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