Leserbriefe

Von Männern und Frauen

Monika Stoitzner, Nürtingen. Zum Artikel „Frauen werden in die Abhängigkeit hineintherapiert“ vom 27. Juni. Endlich ist die Katze aus dem Sack. Frauen, das schwache Geschlecht – abhängig von Beruhigungsmitteln, Schlafmitteln, Schmerzmitteln, Antidepressiva, Mitteln gegen Angst, süchtig nach „Mothers little helpers“. Die Symptome werden behandelt, nach den Gründen, Ursachen wird nicht gefragt. Der Hausarzt hat keine Zeit. Das Rezept ist schnell ausgestellt und die Pharmaindustrie freut sich. Der Arzt freut sich. Durch Verschreibung von neuen Medikamenten und eine kleine Begleitstudie erhält er großzügige Aufwandsentschädigungen, die ihm jetzt auch gerichtlich gegönnt werden dürfen.

Frauen gehen arbeiten, versorgen den Haushalt, ziehen die Kinder groß und sollten auch im Bett noch funktionieren. Stress und Überarbeitung pur.

Der Mann geht arbeiten, pflegt sein Auto, frönt seinen Hobbys, debattiert über Politik, Gott und die Welt und lässt sich beim Fußballgucken das Bier bringen.

Die Frauen landen in der Psychokiste mit ihren „Wehwehchen“, und die Männer leiden an Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Schlaganfall, Herzinfarkt, Prostata, Sportverletzungen und haben Rückenprobleme – eben so richtig somatische Sachen. Wieder freut sich wer, nämlich die Pharmaindustrie, und die will ja auch leben und das sind ja auch so viele Arbeitsplätze.

Ich will die Pharmaindustrie nicht verteufeln. Viele Medikamente sind ein Segen und haben ihre Berechtigung. Das gesamte Gesundheitssystem krankt aber zur Zeit an allen Ecken und Enden und gehört mal auf den Prüfstand gestellt und geändert. Die Bürokratie muss wieder zurückgefahren werden. Es muss wieder mehr Zeit für den Patienten bleiben. Gleichzeitig muss aber auch in der Gesellschaft, in der Arbeitswelt und in der Politik ein Umdenken erfolgen. Wie singt doch Konstantin Wecker: „Empört euch!“

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