Leserbriefe

Umstrittenes Gendern

Gerhard Ostertag, Bissingen-Teck. Zum Artikel „Kretschmann: Gendern gehört nicht ins Klassenzimmer“ vom 9. Januar.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann, selbst beamteter Lehrer, hat noch mehr gesagt: „Das Sprachgendern ist zwar nicht rückgängig zu machen, aber man sollte es wenigstens nicht übertreiben. Sprache kann man nicht politisch befehlen.“ Gendern ist nicht Pflicht. Nach der Mehrheit der Deutschen soll es auch dabei bleiben. Nach den neuesten Umfragen sprechen sich über zwei Drittel der Befragten dagegen aus. Die AfD versuchte es im Sommer letzten Jahres sogar mit einem gesetzlichen Genderverbot und stellte einen Antrag „Gegen Verwendung gendergerechter Sprache“. Dieser wurde vom Bundestag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Trotzdem ist das Thema nicht vom Tisch. Es wird wild darüber gestritten. Wobei sich die Gender-Gegner häufiger zu Wort melden als die Befürworter. Der „Verein Deutsche Sprache“ wettert gegen „Gender-Unfug“ und sammelt Unterschriften. Schriftstellerin und Literaturkritikerin Elke Heidenreich hat sich gegen das Gendern ausgesprochen und spricht von „Sprachverhunzung“. Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach nimmt für sich selbst in Anspruch, so zu schreiben, wie er spreche. „Ich möchte nicht, dass ich mir jedes Wort dreimal überlegen muss, damit sich nur ja niemand aufregt.“ Einer der Gründe für eine ablehnende Haltung liegt meiner Ansicht nach bei der praktischen Umsetzung. Am besten klappte es noch bei den Berufen, sei es Klempner, Lokführer oder Pilot. Einfach Gendersternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt einfügen. Erledigt. Aber schon beim Aussprechen eines Wortes im richtigen Moment die Gendersternchenpause einzulegen wird schwierig. Mit ein Grund für den hartnäckigen Verbleib des Begriffs „Gendern“ in den Medien dürfte auch die vielseitige Verwendbarkeit sein. Neuerdings sogar bei den Verkehrszeichen. Drei Beispiele: „Anlieger frei“ , „Nur für Fußgänger“, „Radfahrer absteigen“. Lässt ein Polizist die Ausrede „gilt nicht für mich“ bei einer weiblichen Verkehrsübertretung gelten?

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