Leserbriefe

Taliban – Stecknadel im Heuhaufen

Benjamin Kehrer, NT-Hardt. Zur Karikatur vom 8. September. Ein deutscher Soldat steht in einem mit der Aufschrift Afghanistan versehenen, überdimensionierten Heuhaufen mit gezückter Waffe. Die nebendran stehende Bevölkerung ruft bevormundend mit erhobenem Zeigefinger: „Du sollst die bösen Taliban-Stecknadeln raussuchen, aber dabei nicht den zivilen Heuhaufen zertrampeln“. Wie recht die Menge doch hat – genau das soll der Soldat nämlich machen. Die Karikatur bringt die Schwierigkeit seiner Mission zum Ausdruck. Zivile Kollateralschäden bewusst in Kauf zu nehmen, um ein paar Taliban zu töten, wäre – in der Metaebene gesprochen – die Alternative dazu.

Mein Problem mit dieser Karikatur liegt nun darin, dass ich partout die Pointe nicht erkennen kann. Jedem vernunftbeseelten Menschen leuchtet schließlich ein, dass die Bundeswehr als Verteidigungsarmee niemals zivile Opfer in einem fremden Land herbeiführen oder im Nachhinein gutheißen darf. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ So lauten die beiden wichtigsten Sätze unserer Verfassung. Das Wort Menschen wird in diesem Fall nicht weiter differenziert und gilt daher auch für Afghanen. Da dieses Gebot bei jedem staatlichen Handeln zu beachten ist, muss der Soldat eben mühsam im Heuhaufen nach der „Taliban-Stecknadel“ suchen. Das Karikatur-Volk hat also Recht, da kann der Soldat noch so verdutzt dreinschauen. Aber ist das, unter Berücksichtigung meiner Interpretation, eine Karikatur? Eher ein humanistischer Aufruf an die Bundeswehr, eine Arbeitsanweisung sozusagen. Na ja, immerhin machte es mir der Karikaturist am 9. September leichter, als er eine Variation der Dolchstoßlegende verwendete. Die Linken machen auf Kosten der Bundeswehr Wahlkampf und fallen dem tapferen Heer in den Rücken – das weiß man ja schon seit 1918.

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