Leserbriefe

Kirche und Staat

Helmut Weber, Aichtal-Neuenhaus. Zum Artikel „Heil: Stumme Kirche ist dumme Kirche“ vom 2. Mai.

Eine politische Kirche ist immer eine Partei mit hilfreicher Tendenz zur nationalen Führung. Vergangenheit und Gegenwart erklären sich dazu. Nicht umsonst haben die Staatsgründungen der BRD, der Türkei und anderer Länder die Glaubens-Zurückhaltung zum politischen Geschäft eingefordert. So gern der friedliebende oder kritische Jedermann die Textmoral etablierter Konfessionen gegen den Unsinn von Bürgern und Regierenden, gegen menschliches Feindverhalten und unwürdige Lebensverhältnisse – für staatliche Berichtigungen eingesetzt sehen möchte, so einsichtig muss er sein, dass hierbei der Umkehrschluss, der wirksamste Missbrauch möglich sein kann. Losungen, Ansagen mit emotionalem Kern, treffen und drücken in die Basisausstattung für unsere Entscheidungen, finden sich bei Denkorientierung dann gern als persönliche Objektivität wieder. Deswegen ist die laizistisch geführte Gesellschaft, also die Trennung von Staat und Kirche, unerlässlich. Beispielhaft ist der russische Pope, der den Bomber segnet, der Priester, der sein Weihwasser auf die V2-Rakete spritzt oder jüdische Glaubensvertreter in der Knesset, die den Genozid in Gaza „hilfreich“ unterstützen – gegen etwa 50 Prozent der Gesamtbevölkerung. Eine gewichtige Aufgabe für Menschen – solche einer Kirche – ist die Seelsorge, das heißt, die Umarmung aller Bedürftigen und die bedingungslose Beeinflussung, den positiven Mitmenschen in uns zu wecken und damit auch den Hang nach allgemeiner Gerechtigkeit: ein Auftrag, der gut ausgeführt keine reale Positionierung bedarf, also keiner Parteinahme, um selbstführend die andere Seite in uns zu bekämpfen.

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