Leserbriefe

Reine Nationalstaaten und die Unterwanderung der Demokratie durch Mandatsträger

Helmut Weber, Aichtal-Neuenhaus. Zum Leitartikel „Gemeinsam für die Demokratie“ vom 20. Januar.

Polen, Tschechien, Ungarn und Ostdeutschland – in ihnen sind große Bevölkerungsteile noch nicht in der aktiven Abwehrstellung vor Kriegen angekommen. Sie haben ein Problem mit dem eurodemokratischen Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit. Belehrungsresistente greifen Vorteile von EU beziehungsweise unserer Verfassung auf, um mit reinem nationalstaatlichem Gedankengut und demokratischen Parteihebeln den Staat und die Staatengemeinschaft zu hemmen und zu schädigen. Offen provozierend stellt man sich außerhalb der vertraglichen Ideologie und bricht Recht für rechten Nutzen. Auf die BRD bezogen, ist die noch mittelbraune Seite der Macht, neben Ostdeutschen, (deren Vorfahren bereits für den Schildhub eines Adolf Hitler Primärleistungen erbrachten) eine Heimat von Bürgergruppierungen, die grundsätzlich den Entzug von was auch immer befürchten oder meinen, zu kurz gekommen zu sein. Ängstlich und missvergnügt sitzen sie auf verbrieften Polsterungen oder schon im Hinterhalt und erwarten, dass der Staat sie an die Hand nimmt, Schritt und Tritt sichert und sie „alimentiert“. Bei dieser Denkweise und der Bereitschaft altgedienter Parteien, die sich plötzlich des mehr oder weniger infrage gestellten Komfortkonstrukts Stimmen werbend bedienen, wird eine Verunsicherungsschraube so demagogisch gedreht, dass sie den Demontagedruck auf den Rechtsstaat vervielfacht. Die hässliche Seite von Macht (bedient von Parlamentariern verschiedener Parteien) ist die Herzkrankheit des Staats und damit seiner Gesellschaft. Man filetiert, anstatt vorbehaltlose Indikation zu reichen. Es ist die Stunde des Schulterschlusses aller politisch Erwachsenen, insbesondere der verfassungsgerechten Parlamentskräfte. Das Gebot sind die Handreichungen auf Augenhöhe, ohne gönnerhafte Vorführungen eines Partners oder einer Regierung – wie es kürzlich wenig beispielhaft durch einen konservativen deutschen Parteivorsitzenden selbstgerecht zelebriert wurde.

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