Leserbriefe

Rechte Narrative bedient

Andreas Mayer-Brennstuhl, Nürtingen. Zum Leserbrief „Keine Selbstverleumdung“ vom 29. Januar.

Die „schweigende Mehrheit“ steht auf gegen den Rechtsradikalismus, in zahlreichen Städten ist auch die CDU mit dabei und Herr Kunzmann distanziert sich in Nürtingen mit fragwürdigen Sätzen von diesen Demonstrationen. Das ist bedenklich. Bedenklich sind unter anderem seine Aussagen zum Begriff „Rechts“, die CDU ist eine konservative Partei der Mitte, rassistisches und völkisches Gedankengut sollte keinen Platz in dieser Partei haben. Die Formulierung „gegen Rechts“ als gegen die CDU gerichtet zu interpretieren, macht mich nachdenklich bezüglich Herrn Kunzmanns politischem Selbstverständnis.

Ich greife einen Punkt von mehreren irritierenden Formulierungen heraus: Herr Kunzmann schreibt von „massenhafter Einwanderung bildungsloser Menschen in unser Sozialsystem“ und bedient damit das Lieblings-Narrativ der Rechtsradikalen. Seine Formulierung ist diffamierend und entspricht nicht den Tatsachen. Laut einer Studie des DIW üben 70 Prozent der geflüchteten Menschen nach sechs Jahren eine qualifizierte Tätigkeit aus, 41 Prozent jedoch unterhalb des Ausbildungsniveaus, das sie vor ihrer Ankunft in der BRD hatten. Diese pauschale Diffamierung geht auch an der Wirklichkeit vorbei, die Herr Kunzmann als ehemaliger Demoskopie-Beauftragter besser kennen müsste: Deutschland als Einwanderungsland braucht nicht nur Menschen mit höherem Bildungs-Abschluss, sondern auch Menschen, die bereit sind, sich gerade in den Sektoren einzubringen, die in den nächsten Jahren immer schwieriger zu besetzen sind: Wer soll in Zukunft den Müll wegbringen, die Pakete ausliefern, uns im Alter pflegen oder vakante Arztstellen besetzen, wenn wir uns weiter so im Ausland als Ausländerfeindlich exponieren?

Rechte Narrative zu bedienen ist nicht zielführend, um die bedrohte Demokratie zu schützen. Die tolerante Demokratie wurde in Deutschland schon einmal „mit ihren eigenen Mitteln“ abgeschafft (so Goebbels). Einmal genügt.

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