Leserbriefe

Lohnnebenkosten

Stefan Kromer, Wendlingen. Mittlerweile muss man die Zeitung sicherheitshalber mit Helm lesen, um sich nicht zu schwer mit der eigenen Hand am Kopf zu verletzen, wenn man sich mal wieder vor die Stirn schlägt. Lohnnebenkosten senken, so lautet das Credo der Merkels, Stoibers und Münteferings seit Jahren. Diese und andere Senkungen von Abgaben und Steuern, vor allem zu Gunsten der Unternehmen, würden zu mehr Beschäftigung führen. Den Beweis dafür bleiben diese Papageien bei ihren ständigen Wiederholungen schuldig. BA-Chef Weise behauptet dreist, ein Prozent Senkung der Arbeitslosenbeiträge führte zu 100000 Arbeitsplätzen mehr. Mal abgesehen vom absolut unbewiesenen Wirkungszusammenhang dieser These, wäre es dann wohl das Vernünftigste, wenn man die Beiträge komplett abschaffen würde. Das ergäbe dann 420000 Arbeitsplätze mehr.

Die verbliebenen 3,2 Millionen Arbeitslosen müssten dann, ohne Beitragseinnahmen, halt einfach etwas mehr Eigenverantwortung zeigen. Da kann man nur froh sein, dass unsere Regierenden nicht für immer nur von der Politik allein leben müssen.

Mit der Bahn ist schon die nächste Privatisierung (und damit der Nebenverdienst der Politiker) auf dem Weg. Ein bilanziertes Anlagevermögen von 181,4 Milliarden soll mal eben für 20 Milliarden (für den Anfang nur 5 Milliarden, das heißt 25 Prozent des Anlagevermögens) verscheuert werden und natürlich dürfen wir als Steuerzahler in den nächsten 15 Jahren der privatisierten Bahn weiterhin rund 100 Milliarden an Subventionen zuschießen. Ach ja, als absoluter Clou ist geplant, dass wir nach 15 Jahren unser Eigentum wieder zurückkaufen dürften. Da erschließt sich dem normalen Steuerzahler nicht auf Anhieb der Sinn.

Klarer wird es, wenn man weiß, wer daraus seinen Nutzen zieht. In erster Linie Anwälte, Berater, Notare und Hedgefonds. In einigen Jahren aber wird auch der eine oder andere Politiker, der sich heute eifrig um das Zerfleddern der Bahn bemüht, Aufsichtsratsposten und Ähnliches in privaten Bahnunternehmen oder auch bei großen Finanzunternehmen besetzen, die er sich bereits heute durch seine politische Arbeit verdient.

Wer es nicht glaubt, sollte mal einen kurzen Blick auf Werner Müller, den Vorstand der RAG, werfen, vor allem auf seine politischen Entscheidungen als Wirtschaftsminister.

Otto Schily ist heute Aufsichtsrat der Firmen Byometric Systems AG und SAFE ID Solutions AG, deren Auftragslage er entscheidend verbesserte, indem er biometrische Pässe und fotografische Überwachung per Gesetz auf den Weg brachte. Nicht zu vergessen Walter Riester, der heute, in Form von hochdotierten Vorträgen bei Versicherern, die Ernte für die staatlich subventionierte private Altersvorsorge einfährt. Vom Ex-Kanzler will ich gar nicht erst anfangen, sonst könnte sogar der eine oder andere Helm zu Bruch gehen.

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