Leserbriefe

Lebensqualität?

Karl Kemmner, Unterensingen. Zum Artikel „Landwirtschaft und Klima“ vom 26. August. Als Beweis nannte Autor Stefan Lange aus Berlin die Studie eines „Lebensmittelüberwachungs-Instituts“, das zu dem Ergebnis kam, dass der CO2-Ausstoß bei der Produktion von einem Kilo Schweinefleisch gleich groß wie bei einer Pkw-Fahrt von 26 Kilometern sei. Unberücksichtigt blieb dabei die Faustregel, dass die Produktion eines Autos etwa genauso viel CO2 kostet, wie es lebenslang auspustet. Außerdem haben die Notjahre der zurückliegenden Kriege gezeigt, dass man ohne Autofahren leben kann, dagegen nicht ohne eine Mindestration an Lebensmitteln. Und was wäre denn das Autofahren ohne unsere gepflegte Naturlandschaft? Ohne Kühe wäre das Allgäu kein Allgäu mehr und ohne Rebstöcke das Rheintal eine Geröllhalde.

Richtig ist, dass wir mit weniger Hobbykilometern und unnötigen Transporten manches an CO2 einsparen könnten. Es würden dann zwar die Fließbänder der Autobranche langsamer laufen, das wäre aber vielleicht für die Arbeiter etwas mehr Lebensqualität. Wie haben wir’s doch mit unseren vollen Lebensmittelregalen bequem. In der DDR wurden noch jedem LPG-Mitglied 50 Ar Zuckerrüben zum Hacken und Vereinzeln zugeteilt, auch dem Vorsitzenden und dem Büropersonal. Vom Kartoffellesen der Schulkinder nicht zu reden. Da war man an der Landwirtschaft noch näher dran.

Heute findet sich kaum noch einer, der sich für die Hundert-Stunden-Woche eines Milchviehhalters entscheidet. Viele Jungbauern, die den Hof übernehmen, werfen als Erstes die Kühe raus. Oft spielt auch die Frau nicht mit, denn die Frauen hängen da ja 100-prozentig mit drin. Und das Milchpreis-Debakel haben wir ja erst erlebt. Und mit dem Äpfelauflesen ist es nach der Studie der Fachhochschule nicht besser. Heute karrt man des Gewinnes wegen alles kreuz und quer. Vielleicht sollten wir einfach doch wieder etwas regionaler leben. Der Straßen-Verkehr kann nicht ewig zunehmen. Die Lkw-Fahrer werden Tag und Nacht über die Straßen gehetzt. Was soll das? Die Überwachungs-Institute könnten ja auch mal die Lebensqualität dieser Leute überprüfen.

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