Leserbriefe

Lebenspartnerschaft

Renée-Maike Pfuderer, Nürtingen. „Unser Land ist spitze“ – unter diesem Slogan hab ich noch vor 20 Jahren mit allerbestem Gewissen Wahlkampf für die CDU in Baden-Württemberg gemacht. Nun stelle ich fest, dass unser Land wirklich in der absoluten Spitzengruppe der diskriminierenden Bundesländer steht, mithin einen echten und traurigen Spitzenplatz einnimmt. Mir wurden diese Zusammenhänge wieder klar, nachdem ich von zwei Verheiratungen in meinem Freundinnenkreis erfuhr. Ich spreche bewusst von Heirat und nicht von Lebenspartnerschaft, denn es geht um das gegenseitige Versprechen zweier Menschen zu lebenslänglicher Treue, gemeinhin Ehe genannt. Eine Ehe also, die ja im Regelfall vor dem Standesbeamten in der Heimatgemeinde einer der Brautleute geschlossen wird. Weit gefehlt! Wir sind in Baden-Württemberg, da geht das anders, da wird zwar unter grausamem Zähneknirschen das Lebenspartnerschaftsgesetz umgesetzt, doch der Weg aufs Standesamt ist den Paaren verwehrt. Es reicht doch das Landratsamt, quasi zwischen Sperrmüll und Umweltplakette. Ein wirklich strahlendes Beispiel dafür scheint mir mein Heimatlandkreis zu sein. Gehe ich auf die Homepage des Landkreises Esslingen und dort auf die Suchfunktion, so findet man unter dem Begriff „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ keinen Treffer. Endlich dann im Suchregister „Dienstleistungen“ finde ich den Begriff Lebenspartnerschaft jedoch mit einem Querverweis zum Thema Personenstand. Wirklich reizend, um nicht brechreizend zu sagen. Andere Dinge, wie das versagte Ehegattensplitting, die Tatsache, dass gleichgeschlechtlich Verheiratete steuerlich einfach als Ledige behandelt werden, in unserem Bundesland, dem Stammland des Liberalismus, verheirateten Lesben und Schwulen als Landesbeamten der Zuschlag für Verheiratete und ihren Frauen beziehungsweise Männern auch die Beihilfe versagt bleibt, spricht weiterhin für die Spitzenstellung unseres Landes! Alleine daher ist der Christopher Street Day, den wir Menschen unter dem Regenbogen vom 18. bis 27. Juli unter dem Motto „ich glaube“ begehen, keine rein Stuttgarter Veranstaltung, sondern eine gesellschaftspolitische Aufgabe, die sich eben auf die Metropole der Region konzentriert.

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