Leserbriefe

Kein Kopftuch im Klassenzimmer

Helmut Weber, Aichtal-Neuenhaus. Zum Artikel „Kopftuchverbot für Lehrerin soll wegfallen“ vom 9. Juli. Sollte es nicht so sein, dass der Dienst am Staat ein vorwiegend gesellschaftliches, also gemeinnütziges Interesse bekundet – nicht primär Vorteile, die ein „Staatsvertrag“ bietet? Fakt ist, dass das übliche selbstbezogene Denken hier so zu Hause ist wie in der Wirtschaft oder in anderen Bereichen. Nach bundesverfassungsgerichtlicher Wertung per Rechtslage ist das Kopftuch im Amt kein rotes Tuch für den Rechtsstaat (das Grundgesetz gibt dafür zu wenig speziell ergänzende Handhabe).

Die von einer Lehrerin so provokant eingeforderte Ausübung ihrer Glaubensstrenge kann aber nicht ohne Einschränkung von Neutralität verstanden werden, zumal eine nicht nur archaisch ausgerichtete, sondern dann auch so verstandene und gelebte Religion mit unserer Ordnung (zumindest ideell) immer wieder in Konflikt geraten muss. Orthodoxe, gleich welcher Religionszugehörigkeit, sind aus Erfahrung sicher keine geeignete Amtsbesetzung. Der Staat braucht innerhalb seines Aufgabengebiets generell keine aktiv wirkenden Religionsvertreter. Mit ihrer Besetzung und mit ihren Idealen, ihrem jeweils speziellen Gerechtigkeitsstreben wird jede Verfassung, jede Rechtsordnung zur Farce.

Religionen sind Plattformen und nötige Reizflächen der Gesellschaft, sie haben aber im Staatswesen nichts zu suchen. Wir haben in den letzten zwei Jahrhunderten in Europa die klaren allgemeingültigen Regeln für Verfassung und Rechtsordnung gegen die Bürde der Glaubensgewalt erkämpft – nicht dafür, dass sie jetzt leichtfertig und völlig unnötig einer stattfindenden Gesellschaftsöffnung durch die Hintertür geopfert werden. Glaubensbekundungen im Klassenzimmer sind ganz klar ein No-Go.

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