Leserbriefe

Jegliche sexuelle Regung wird verdrängt

Mohammad Azzam, Neuffen, Linksjugend. Will man sein Kind fordern und fördern, so denken sich die meisten reichen, wohlhabenden Eltern, es sei wohl in einem Internat oder einer Privatschule am besten aufgehoben. Dort gibt es ja die besten Lehrer, die besten Klassen und keine Möglichkeiten für das Kind, sich mit irgendwelchen Drogeneinflüssen abzugeben? Am liebsten schickt man seine Zöglinge gleich in eine kirchliche Einrichtung, wo der Schüler, durch die Religion, den Ernst des Lebens erfährt und womöglich weit hinauskommt. Natürlich ist der Ruf der meisten Internate nur wenig durch Skandale beschädigt worden, aber jetzt gibt es „ganz plötzlich“ diese schwarzen Schafe.

Zurzeit sind viele Missbrauchsfälle in kirchlichen und auch weltlichen Schulen an die Öffentlichkeit gekommen, merkwürdigerweise jetzt und nicht zum ungefähren Zeitraum des Missbrauches der erzieherischen Autorität. Gerade aber in kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Lehrer in den meisten Fällen an den Zölibat gebunden sind, treten sich nun kirchliche Vertreter gegenseitig auf die Füße und auch ein päpstlicher Brief scheint die Menge aufgebrachter Eltern nicht wirklich zu beruhigen.

Man muss auch bedenken, wie gefährlich eigentlich Menschen sind, die zwangsweise sich jeglicher sexueller Regung entsagen und so diese zu verdrängen versuchen. Bekanntlicherweise klappt das nicht ewig und letztlich kann es auch von Menschen im Zölibat dazu kommen, dass diese sich strafbar an Kindern und Jugendlichen vergreifen. Besonders schlimm scheint es, wenn es beispielsweise in der Klosterschule Ettal zum sexuellen Missbrauch von Schülern kommt, denn dort hat sich die Schule dem Motto „Askese, Ehrlichkeit, Reinheit“ verschrieben.

Missbrauch erfolgt insbesondere in sehr strengen Schulen und auch in kirchlichen Institutionen, daher müsse man sich schon fragen, ob ein zölibatärer Priester als Lehrer wirklich wünschenswert ist und ob diese Schüler nicht besser an einer öffentlichen, staatlich kontrollierten Schule aufgehoben sind, die empirisch gesehen eigentlich weniger von diesen Missbrauchsfällen betroffen sind. Es ist zudem ein rechtsstaatlicher Skandal, dass sexueller Missbrauch an Minderjährigen bereits zehn Jahre nach der Volljährigkeit des Opfers verjährt und man so diese Opfer alleine und schutzlos lässt. Gerade Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft und Gesetze sollten ihren Schutz an erste Stelle stellen.

Zur Startseite