Leserbriefe

Ist Herr Mohr auf dem „Hinauswerf-Trip“?

Jochen Findeisen, Schlaitdorf, Pressesprecher DIE LINKE. Fröhliche Weihnachten! Das wünscht in diesen Tagen jeder jedem. Das wünschen wir insbesondere auch den 58 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksbank Kirchheim-Nürtingen, denen ihr Chef Axel Mohr voll weihnachtlicher Milde angekündigt hat, dass sie zum ersten April 2010 hinausgeworfen werden. Der Mann scheint zurzeit auf dem „Hinauswerf-Trip“ zu sein. Gerade eben hat er 1800 Genossen der eingetragenen Genossenschaft hinausgeworfen, weil sie (wen wundert das heute!) zurzeit keine Geldgeschäfte mit der Bank betreiben! Der Aufsichtsrat tut gut daran, ihm auf die Finger zu sehen, sonst wirft er vielleicht bald das Bankinventar zum Fenster hinaus.

Dieser Aufsichtsrat scheint nicht viel zu melden zu haben, denn er hat Mohrs Vorgehen abgenickt. In diesem Bank-Aufsichtsrat befinden sich traditionell auch kleinere und mittlere Gewerbetreibende, die auch einen großen Teil der Geschäftspartner der Volks- und Raiffeisenbankkunden ausmachen. Diese Unternehmer machen in der Krise gerade das Gegenteil: Sie wissen, dass sie aus dem durch sinkende Nachfrage bedingten Tief nur dann herauskommen, wenn sie ihre loyalen und kompetenten Mitarbeiter behalten. Sie wissen, dass diese Menschen in der Vergangenheit der Kundschaft gegenüber ihr Unternehmen repräsentierten und auch weiter repräsentieren können und wollen. Deshalb kämpfen gerade viele dieser Unternehmer nicht in erster Linie mit der Belegschaft und der Gewerkschaft, sondern mit sich selbst um den Erhalt eines jeden Arbeitsplatzes. Es ist das Dilemma dieser Unternehmer, dass sie neoliberalen Schwätzern auf den Leim gehen, die ihre Bodenständigkeit als rückständiges Provinzlertum und ihre Solidität als Spießigkeit diffamieren.

Deshalb setzen sie auch Leuten wie Bankmanager Mohr keinen Widerstand entgegen, der die Entlassungen mit wohlfeilem, neoliberalem Gerede begründet. Die Volksbanken haben sich in der Wirtschaftskrise gut behauptet, weil sie sich gerade nicht an riskanten Geschäften mit „Schrottpapieren“ beteiligt haben. Damit haben sie beim Publikum einen Vertrauensbonus, den sie nur mit kompetentem Personal erhalten und ausbauen können. Aber offensichtlich ist bei der Volksbank Kirchheim-Nürtingen eine Trendwende im Gange. Es scheint sich noch nicht bis Kirchheim und Nürtingen herumgesprochen zu haben, dass der neoliberale Kapitalismus unter anderem deshalb die Welt-wirtschaft an die Wand gefahren hat, weil er in seinem Streben nach der Höchstrendite die Interessen der Kunden und Mitarbeiter aus den Augen verloren hat! Es ist entlarvend, wenn die Volksbank die Entlassungen nicht nur mit Allerweltsfloskeln wie dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch mit dem Erhalt der „Zukunftsfähigkeit“ begründet. Kompliment! Damit wurde in der Vergangenheit von Rot-Grün und natürlich von CDU und FDP der neoliberale Großangriff auf die sozialen Sicherungssysteme begründet; herausgekommen sind sozialpolitische Missgeburten.

Zur Startseite