Leserbriefe

Im Delirium des Ersten Weltkriegs

Raul Guerreiro, Nürtingen.

Die jüngsten Nachrichten über staatliche Maßnahmen zur Sicherung der vermeintlich bedrohten Nation und zur Erhaltung unserer Lebensqualität sind katastrophal, und die Alarmsirenen heulen in alle Richtungen. Als wären wir in einer primitiven Gesellschaft stehen geblieben, wurde zuerst versucht, die uralte Heilpraxis der Homöopathie und die zertifizierte anthroposophische Medizin auszurotten. Dann, im Namen eines zukünftigen kollektiven Schutzes, wurde der monströse Plan gefasst die Schulen zu militarisieren und die Kinder in der Kunst des Krieges zu unterrichten. Und schließlich, weil ganz in unserer Nähe ein fremder Krieg das Herz und das schlechte Gewissen Mitteleuropas erschüttert hatte, verkündeten die politischen Hohepriester, dass der Friede mit Waffen hergestellt werden müsse. Das heißt, so viel und so lange wie möglich Tötungsapparate exportieren. Wo sind wir? Vielleicht im Delirium des Ersten Weltkriegs? Wie sagte doch ein Philosoph: damals glaubte man fest daran, dass der beste Weg, das Zerbrechen des Geschirrs in einem Haushalt zu verhindern, darin besteht, gleich alles zu zerbrechen. Oder, um es mit modernen, dementen Worten zu sagen: Kriege, ob in Gaza, in der Ukraine oder bei allen anderen Konflikten in der Welt, müssen so lange geführt werden, bis die Aussicht auf einen dauerhaften Frieden besteht. Und wo bleibt eigentlich unser Ostern?

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