Leserbriefe

Für mehr kommunale Demokratie

Peter Liewald, NT-Raidwangen. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Nürtingen hat einen neuen OB und das ist gut so. Ich hätte gerne Matthias Ruckh in dieser Rolle gesehen, weil ich seine unprätentiöse, sympathische und bürgernahe Art in Raidwangen über Jahre erlebte. Aber ein Hoch auf die Demokratie: Es war ein fairer Wahlkampf von ähnlich denkenden Kandidaten und Matthias Ruckh verdient auch dafür ein großes Kompliment. Der neue OB Dr. Johannes Fridrich ebenfalls.

Schade nur, dass 50 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihr Wahlrecht gar nicht nutzten. Der große Veränderungswille, der sich bei der OB-Wahl zeigte, wird aber erst beweiskräftig und durchsetzbar, wenn sich die Wähler bei der Stadtratswahl am 26. Mai auch personell für eine Neuausrichtung des Nürtinger Stadtrats entscheiden. Eben für mehr Mitbestimmung, vorzeitige Informationen über Planabsichten und viel transparentere öffentliche Sitzungen, die durchaus endlich auch im „Livestream“ qua Internet übertragbar gemacht werden könnten. Die unsinnige Festlegung, dass Bürger bei den gewährten Bürgerfragerunden zu Beginn der jeweiligen Stadtratssitzungen nur Fragen stellen dürfen, die nicht zur Tagesordnung gehören, sollte ein neu gewähltes Gremium sofort verändern. Doch dafür braucht es „Winds of Change“ – Frauen und Männer, die nach vorne denken; weniger Honoratioren, mehr Freigeister.

Ich habe es nie verstanden, seit ich in dieser schönen Stadt lebe, dass immer wieder Leute in den Stadtrat gewählt wurden, die berechtigte Interessen der Bürgerschaft im nibelungentreuen Einklang mit der Verwaltungsspitze niedergebügelt haben. Die mitgemacht haben am Scheitern zweier Bürgerbegehren: in Sachen Boss-Lagerhalle, und noch übler: am Scheitern des Bürgerbegehrens gegen ein Hotel am Neckar. Stadträte, die zustimmten, dass teure Rechtsanwalts-Kanzleien Bürgerbegehren juristisch verhinderten. Zustimmten, dass diese Kanzleien auch noch von den Steuergeldern der Bürger selbst bezahlt wurden. Die Kosten dafür würden mich sehr interessieren. Es wird Zeit für einen Neuanfang im Nürtinger Stadtrat, es wird Zeit für mehr kommunale Demokratie.

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