Leserbriefe

Ein Kompromiss ist noch möglich

Eckhard Behnke, Nürtingen. Zum Artikel „Wörth-Areal auf dem Prüfstand der Bürger“ vom 12. November. Letzte Woche wurden von der Stadtverwaltung die Pläne zur Bebauung des Neckarufers oberhalb der Steinachmündung (Wörth-Areal) vorgestellt. Was die Anwesenden zu sehen bekamen, ist eine überdimensionierte verdichtete Wohnbebauung, die das Stadtbild dominieren wird. Allein schon die Vorgabe für den Investorenwettbewerb, am Neckarufer fünf gleichartige Hochhäuser mit jeweils fünf Stockwerken einzuplanen, zeigt die Dimension dieses Missgriffs. Dass das Ganze dank Hochwasserschutz noch um ein Untergeschoss mit Garagen angehoben wird, gibt der Sache den Rest (Gesamthöhe über 18 Meter).

Nun können die Bürger Einwände äußern. Das geschah reichlich und heftig an diesem Abend in der Stadthalle. Neben dem zerstörten Stadtbild sehen die Bürger auch die einmalige Chance auf ein freies Neckarufer mit breitem Grünstreifen verspielt. Die Aussicht, hier im Schatten der Wohntürme auf der 3,5 Meter breiten Feuerwehrzufahrt den Neckar zu erleben, ist erschreckend. So löblich der Versuch der Stadt auch ist, das Wörth-Areal zu sanieren, das jetzige Ergebnis ist verheerend. Wie offen zugegeben wurde, ist es auch dem Zwang geschuldet, durch Grundstücksverkäufe Einnahmen zur Deckung des laufenden Stadthaushaltes zu erzielen. Einen Wohnraumbedarf zu konstruieren, der nur an dieser Stelle zu decken sei, ist absurd. Tatsächlich glaubt man hier an eine leichte und gewinnbringende Vermarktung der Immobilien. Der Kommerz siegt über Bürgerinteressen und Natur! Bei diesem Konflikt drängt sich der Vergleich mit Stuttgart 21 auf. Auch dort geht es um Immobilien, und die Bürger wurden im Vorfeld der Entscheidung nicht miteinbezogen. Man hat ihre Ideen nicht gehört und die Pläne nicht mit ihnen zusammen entwickelt. Jetzt kommt der Aufschrei der Öffentlichkeit.

Doch im Gegensatz zu Stuttgart ist in Nürtingen das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen. Hier ist ein Kompromiss noch möglich, indem nur ein Teil der Fläche und dann ohne Hochhäuser bebaut wird. Der Rest wird öffentliches Grün. Und alle Seiten wären die Gewinner: Der Stadtrat, bei dem die Entscheidung nun liegt, könnte zeigen, dass er einen Blick für das Stadtbild und die Bedürfnisse der Bürger hat. Die Stadtverwaltung würde zeigen, dass sie die Bürgerbeteiligung auch in der Praxis ernst nimmt. Der Investor bekäme ein zwar kleineres, aber dafür noch reizvolleres und wertvolleres Baugrundstück. Der Hauptgewinner aber wäre die Bürgerschaft, die ihre Stadt am Fluss an dieser Stelle tatsächlich erleben könnte. Dann wären wir doch nicht so arm, und die Haushaltslücke ließe sich wohl auch auf andere Weise stopfen.

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