Professor Dr. Beate Steinhilber, Nürtingen. Zum Leserbrief „Die Gesinnung der Deutsch-Türken“ vom 6. August. Frau Hofstadt bringt Aussagen, denen historische Fakten entgegengesetzt werden müssen: Das Anwerbeabkommen mit der Türkei 1961 kam nicht „auf Druck der Türkei zustande“, vielmehr brauchte Deutschland nach wie vor Arbeitskräfte aus dem Ausland, da mit dem Mauerbau der Zuzug ostdeutscher Arbeitskräfte unterbunden wurde. Deshalb wurden in der Anwerbephase (1955 bis 1973) weitere Anwerbeabkommen abgeschlossen: 1963 mit Marokko, 1964 mit Portugal, 1965 mit Tunesien und 1968 mit Jugoslawien. Alle Arbeitskräfte erhielten zunächst befristete Arbeitsverträge.
Auf Druck der Wirtschaft wurde das Rotationsprinzip bald wieder abgeschafft. Als Folge der ersten „Ölkrise“ wurde 1973 der Anwerbestopp beschlossen und damit die sogenannte Konsolidierungsphase (1973 bis 1978) eingeläutet, was bedeutete: Keine neuen Arbeitskräfte durften angeworben werden, diejenigen, die da waren, sollten aber bleiben. Deshalb wurde auch der Familiennachzug rechtlich ermöglicht. Die „Anreize für die Rückkehr“ kamen erst zehn Jahre später – 1983 wurde im Zuge der Wirtschaftskrise das Gesetz zur Förderung der Rückkehrbereitschaft verabschiedet.
Die sogenannte „Hau-ab-Prämie“ konnte beantragen, wer von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit betroffen war und weitere Voraussetzungen erfüllte. Nach 1983 sind viele Menschen in die Türkei zurückgekehrt, nur wenige haben nach genauer bürokratischer Prüfung finanziellen Ausgleich erhalten. Aber die „fremdenfeindliche“ Stimmung Anfang der 80er-Jahre veranlasste sie, nach 20 Jahren harter Arbeit, die Koffer zu packen. Anerkennung haben sie kaum bekommen und das Gefühl der Zugehörigkeit wird den Gebliebenen noch heute verweigert. Beim Blick auf die deutsch-türkische Geschichte darf zudem nicht vergessen werden, dass die Türkei während des Faschismus in Deutschland Zufluchtsort für Andersdenkende war und für Flüchtlinge jüdischen Glaubens das wichtigste Transitland auf dem Weg nach Palästina.
Gerade auf dem Hintergrund unserer gemeinsamen Geschichte muss jeder nationalistischen und anti-demokratischen Propaganda entschieden entgegengetreten werden, egal ob sie von Erdogan oder Gülen oder deutschen Rechten kommt.
Leserbriefe | 12.07.2025 - 05:00
Es tut sich nichts bei der Verteidigungsfähigkeit
Fritz Matthäus, Nürtingen.
Seit Februar 2022 gibt es, nach dem zuvor langjährig verdeckten, nun offenen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und, nicht immer nur verdeckt, auch auf Deutschland und andere westliche Staaten. Seitdem sind die ...
Leserbriefe | 12.07.2025 - 05:00
Zu viele Krankenkassen
Eberhard Schmid, Aichtal-Grötzingen. Zum Artikel „Krankenversicherung: Warken rechnet mit höheren Beiträgen“ vom 8. Juli.
Wie wäre es denn, wenn man einfach weniger Krankenkassen hätte? 94 Krankenkassen mit den entsprechenden Wasserköpfen sind ...