Leserbriefe

Der Wulff im Tiefenbachtal

Thomas Karger, Nürtingen. Im Tiefenbachtal findet man zu fast jeder Tageszeit Kinder, Spaziergänger, Jogger und Radfahrer. Seit einigen Jahren hat man da auch wilde Tiere beobachtet, manche meinen, es waren sogar Wölfe. Ich habe mich schon begonnen zu fürchten, obwohl ich an solche Geschichten nicht glaube. Letztes Jahr im Februar, ich war joggen, überfuhr mich fast, es war schon dunkel, ein großer Geländewagen. Der Fahrer hielt dann ein paar Meter weiter an und führte seine Hunde Gassi. Er kam von der Tiefenbachstraße, bog am Jungborn auf den Radweg und fuhr auf diesem hoch zur Sudetenstraße. Das gesamte Tal ist für alle Fahrzeuge gesperrt. Ein paar Tage später ein weiteres Zusammentreffen. Als ich ihn ansprach, entgegnete er mir: Er dürfe das.

Ich fragte im Ordnungsamt nach und erfuhr, dass es sich hierbei um einen verdienten Jäger unserer Stadt handelte. Sein Vater war einst der erste OB in Nürtingen und er sorgt sich jetzt um uns, dass wir keine Angst mehr vor den wilden Tieren im Tiefenbachtal haben müssen. Das Auto fährt schnell, die Hunde kann man immer zur Jagd gebrauchen und wer meint, es wäre eine Abkürzung zu seinem Heim, der unterstellt ihm Falsches. Regelmäßig, auch letzten Freitag, sah ich ihn wieder, einsam mit seinem Auto das Tal abfahren. Soll ich dem Jäger danken? Denn ich muss zwar regelmäßig ausweichen und ein bisschen aufpassen, aber die wilden Tiere bleiben weg.

Mit anderen Worten: Bundespräsident Wulff sagte, er habe nichts Gesetzeswidriges getan. Der Jäger auch nicht. Er darf diese Wege befahren. Das Schlimme daran ist, dass es im Tiefenbach sehr viele dieser „Jäger“ gibt, die täglich geschwind mal abkürzen, zur Hermann-Löns- oder Sudetenstraße. Wo bitte bleiben die christlichen Werte? Anstatt Vorbild und bescheiden zu sein, muss man seine Macht als Autofahrer gegenüber allen anderen ausspielen. Vielleicht hilft es, mal bei den drei Linden vorbeizuschauen und sich aufklären zu lassen, was soziale Verantwortung bedeutet.

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