Leserbriefe

Bürgerbeteiligung: Handwerkszeug fehlt

Thomas Kern, Nürtingen. Zum Artikel „Landespolitik mit Sinn für Realität“ vom 20. Januar. Als Beamter des Landes Baden-Württemberg habe ich den Artikel zum Redaktionsbesuch von Herrn Ministerpräsident Kretschmann mit besonderem Interesse gelesen. Die Ausführungen von Herrn Kretschmann zur Bürgerbeteiligung machen mich allerdings ratlos. Da heißt es an einer Stelle: „Die Zeiten der Bürgerbeteiligung nach Vorschrift seien vorbei. Die Beamten müssten lernen, damit umzugehen“. An anderer Stelle lese ich: „Eine lebendige Demokratie kann nur funktionieren, wenn die Menschen früher einbezogen werden. Dafür müssen Verfahren entwickelt werden“. Ja was denn nun? Sollen die Verfahren etwa von Einzelfall zu Einzelfall nach Gutsherrenart entwickelt werden?

Ich bin der Auffassung, will die Landesregierung über die Möglichkeiten des geltenden Planungsrechts hinaus eine Bürgerbeteiligung, muss sie sagen, wie diese konkret aussehen soll und der Verwaltung das notwendige Handwerkszeug in Form von Vorschriften zur Verfügung stellen. Verwaltungshandeln vollzieht sich im Rechtsstaat nicht im luftleeren Raum.

Solange die Politik der Öffentlichkeit gegenüber das Versprechen des Gehörtwerdens propagiert, aber keine verwaltungsinternen Voraussetzungen dafür schafft, wird der Frust auf allen Seiten zunehmen. Bei den Bürgern, weil sie erkennen müssen, dass sich in der Praxis nichts ändert und in der Verwaltung, weil diese von der Politik im Stich gelassen wird.

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