Leserbriefe

Blitzer füllen Kassen der Kommunen

Michael Stoll, Wolfschlugen. Zum Artikel: „Doppelt so viele erwischt“ vom 20. September. Der letzte Absatz trifft die Wahrheit. Die Geschwindigkeit als Unfallursache spielt statistisch nur eine Nebenrolle. Die Polizei in Stuttgart macht im Normalfall keine Geschwindigkeitskontrollen mehr. In einem anderen Artikel war vor ungefähr einem Jahr zu lesen, dass unangepasste Geschwindigkeit (nicht nur unerlaubte) als Ursache von Unfällen unter sieben Prozent liegt.

Der Wendlinger Bürgermeister berichtete vor einiger Zeit, dass man angesichts der erfassten Geschwindigkeiten bei Übertretungen nicht von Rasern, höchstens von Unachtsamkeit reden kann. Das Ordnungsamt in Stuttgart beziffert die durchschnittlichen Verwarnungsgelder auf 30 Euro bei Übertretungen auf der A8 an den neuen Blitzern. Das stand alles in der Zeitung. In der gleichen Ausgabe am Samstag wurden fünf Frauen zum Thema befragt. Frauen sind potenzielle oder tatsächliche Mütter, die ihre Kinder vor ihrem geistigen Auge immer gefährdet sehen, sobald sich ein Auto bewegt. Es gibt irgendwo eine Untersuchung zu Unfallschwerpunkten der Landesregierung. Die ist sang- und klanglos verschwunden. Trotzdem verlangt der Herr Obst im Kommentar der Freitagsausgabe, dass man den Datenschutz an den Nagel hängen und Streckenkontrollen einführen solle. Das ist selbstverständlich finanziell noch lukrativer. Und um das geht es und nur um das. Abzocke ist nur die halbe Wahrheit. Bußgelder sind nach den Steuern die zweithöchste Einnahmequelle der öffentlichen Hand.

Für Kommunen, wie zum Beispiel Nürtingen, die finanziell auf dem Zahnfleisch gehen, sind das unabdingbare Einnahmequellen. Wenn die Blitzer in Reudern und in Neckarhausen in Betrieb gehen, rattert die Kasse. Scheinheilig finde ich nur, dem Vorgang das moralische Mäntelchen der Sicherheit der Bürger oder, noch schlimmer, der Kinder (das zieht immer) umzuhängen. Ich warte auf den Tag des Einbrechers, an dem die Polizei in gefährdeten Gegenden Fußstreife geht und Sicherheit für den Bürger herstellt.

Der Blitzermarathon dient dazu, uns an die Bußgelder zu gewöhnen. Dazu dienen auch die verharmlosenden Vokabeln wie Knöllchen, Bußgeld, Verwarnungsgeld. Da fühlt man sich dann nicht so kriminell und zahlt leichter. Es gibt keinen Unterschied zur Wegelagerei im Mittelalter durch die Raubritter. Wer die Macht hat, kassiert. Die Motivation ist auch die gleiche: Geld ohne Arbeit ist toll.

Zur Startseite