Leserbriefe

Blamage und Trauerspiel

Emil Neuscheler, Neckartailfingen. Zum Artikel „Piraten bringen Westen in Zugzwang“ vom 20. November. Sie verfügen über modernste Schnellfeuerkanonen, Raketenwerfer und weitere Waffen aller Art, unsere am Horn von Afrika stationierten Fregatten. Dasselbe gilt auch für die in Dschibuti startenden Aufklärer, aber schießen dürfen sie damit nicht. Sie wurden in dieses Seegebiet entsandt, um dort die zunehmende Piraterie zu bekämpfen. Diese Verbrechen haben heute andere Dimensionen gegenüber früher erreicht, als die Räuber noch mit der Bordkasse zufrieden waren. Heute geht es bei der Kaperung eines Schiffes um Lösegeld-Erpressung in Millionenhöhe. Das sind nicht mehr die romantisch verklärten Gesellen eines Störtebekers, sondern gewöhnliche Kriminelle und Helfershelfer des modernen Verbrechens. Diese Hightech-Piraten planen ihre Überfälle sorgfältig. Auf sogenannten Mutterschiffen warten sie auf Beute, auf lohnende Objekte, um dann mit schnellen Booten das Opfer zu entern. Unsere deutschen Kriegsschiffe dürfen mangels Mandat des Bundestages keine Jagd auf Piraten machen.

Anstatt sich in dieser Notlage schnell und flexibel auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen, läuft im Kabinett ein Trauerspiel ab. Teile der SPD sind strikt dagegen, dass Soldaten Piraten festnehmen, das wäre nach ihrer Meinung eine unzulässige Vermischung von polizeilichen und militärischen Aufgaben. Diese ideologische Haarspalterei ist wirklich ekelhaft abstoßend. Wo schnelle Entscheidung gefordert wird, um der Marine die notwendige Ermächtigung erteilen zu können, verliert man sich in nutzlosen Reibereien.

Das oft belächelte Italien könnte Vorbild sein, wenn man nur wollte. Rom hat fünfhundert Soldaten in den Süden geschickt, zur Bekämpfung der Mafia. Auch das nicht so zimperliche Indien hat in kurzer Zeit die berüchtigte Malakkastraße, durch die die Hauptroute vom Okzident nach Fernost verläuft, von Piratennestern gesäubert und jetzt vor Somalia ein Piratenschiff durch gezieltes Feuer vernichtet. Während andere handeln, debattieren wir. Deutschland ist schließlich als Exportnation auf die Handelsflotten angewiesen und belegt in der maritimen Gesellschaft einen dominierenden Platz. Wir können uns nicht einfach wegducken, wenn wir uns nicht der Lächerlichkeit vor allen seefahrenden Nationen preisgeben wollen. Die Zeche zahlen wir sowieso mit. Nicht nur die Lösegelder, auch die steigenden Frachten und die höheren Versicherungsprämien von Lloyds.

Auch sollte man in Berlin inzwischen bemerkt haben, dass unsere Werften ein wichtiger Exportzweig sind. Die große Schwierigkeit am Horn von Afrika liegt allerdings darin, dass es in Somalia oder Puntland keine Staatsmacht gibt, die dem Treiben ein Ende machen könnte.

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