Leserbriefe

Abstimmung braucht Zeit und Personal

Peter Lohse, Nürtingen. Zum Artikel „Baseballschläger-Attacke im Asylbewerberheim“ vom 4. Dezember und „Hausverbot bestand schon lang“ vom 5. Dezember. „Einen Keil zwischen Verwaltung/Ehrenamt und Awo zu treiben“ – diese Aussage enthält einen hohen Anteil Sprengstoff und ist es wert, näher betrachtet zu werden. Ich möchte den Blick auf die gesamte Situation werfen. Es ist legitim, dass Menschen in Extremsituationen emotional reagieren dürfen.

Die Arbeit mit den Flüchtlingen teilt sich in zwei Ebenen. Einmal in eine strukturelle Ebene, die dafür verantwortlich zeichnet, dass es genügend Unterkünfte und deren Ausstattung gibt. Und in eine personelle Ebene, hier wird direkt mit den betroffenen Personen gearbeitet, sie werden begleitet und adäquate Hilfe geleistet.

Vom Bund zum Land geht diese Aufgabe über den Landkreis zu den Kommunen. Der Landkreis hat neben der Herstellung, Unterhaltung und Belegung der Unterkünfte auch die Aufgabe die Versorgung, Begleitung und Unterstützung der Hilfesuchenden zu gewährleisten. Aufgaben, die auf einen Träger übertragen und in die die Ehrenamtlichen mit einbezogen werden. Diese Zusammenarbeit soll eine gute Qualität garantieren. Das notwendige Zusammenspiel zwischen Ehrenamt und den Aufgaben des Trägers ist auf dem Papier definiert. Ob und wie dies in der Praxis funktioniert, steht auf einem anderen Blatt. Wenn nun das Ehrenamt eine stärkere Unterstützung und Kooperation einfordert, dann ist diese Kritik berechtigt und sollte nicht abdriften in eine Spaltungsdiskussion.

Auf die Anregungen des Ehrenamtes hat der Landkreis reagiert und eine Koordinationsstelle eingerichtet. Das wird von den Ehrenamtlichen positiv anerkannt. Aber trotzdem muss weiter konstruktive Kritik geäußert werden dürfen, im Interesse einer Optimierung. Einschätzung der Ehrenamtlichen ist, dass den Hauptamtlichen zu wenig Zeit bleibt, um vertrauensvolle Strukturen aufzubauen. Auch auf der „LIGA“-Seite wird dies so gesehen und so bieten die beiden Kirchen zusätzliche personelle Unterstützung an.

Ein Abstimmungsprozess zwischen den unterschiedlichen Akteuren braucht Zeit und ausreichend Personal. Dass ein Hausverbot kein Allheilmittel ist, weiß jeder. Allerdings hätte man bei gemeinsamer Einschätzung der Situation noch weitere Schritte einleiten können.

Meine Kritik geht an den Landkreis und an die Kommune. Die zwei Säulen Ehrenamt und Träger (Awo) sind ernst zu nehmen und verstärkt zu unterstützen. Vorschläge, wie dies aussehen kann, gibt es. Zum Beispiel ein Runder Tisch. Landkreis und Kommune sollten Strukturen aufbauen und den Flüchtlingen den Zugang zu Arbeit in Form von Ein-Euro-Jobs ermöglichen beziehungsweise diese bereitstellen. Kommunen wie Metzingen oder der Rems-Murr-Kreis zeigen uns heute schon, was möglich ist.

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