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Schüler des Hölderlin-Gymnasiums interviewen die Klimaaktivistin Clara Schweizer aus Nürtingen

Sie spricht mit Viktoria Strilets und Sara Stingl aus der Klasse 9a über die Geschichte von Fridays for Future in Nürtingen, über bisher erzielte Erfolge und über Pläne für eine klimaneutrale Stadt.

Im Einsatz für das Klima: Clara Schweizer. Foto: zis

NÜRTINGEN. Hallo, Clara, kannst du uns einen Überblick über Fridays for Future in Nürtingen geben?

Also, Fridays for Future hat sich im Sommer 2019 in Nürtingen gegründet und auch beim ersten globalen Klimastreik groß mitgemacht. Da waren wir mit 2000 Teilnehmenden auf der Straße. Wir haben Forderungen an den Oberbürgermeister und den Gemeinderat übergeben, und seitdem sind wir quasi als Ortsgruppe aktiv. Die Mitgliederanzahl variiert zwischen zehn und 20, würde ich sagen.

Wie oft veranstaltet ihr einen Protest? Wann war der letzte?

Der letzte große Streik war jetzt im Herbst, der globale Klimastreik. Da waren wir das letzte Mal auf der Straße. Und gerade machen wir ungefähr fünf Aktionen im Jahr. Früher waren es noch mehr. Damals waren wir auch quasi jeden Freitag auf der Straße. Zurzeit machen wir vor allem bei den globalen Klimastreiks mit, die finden so zwei bis drei mal im Jahr statt. Und wir machen noch andere Protestaktionen, wie zum Beispiel das Klimacamp. Das haben wir jetzt auch schon zweimal gemacht, einmal haben wir vor dem Rathaus unsere Zelte aufgeschlagen und protestiert, dann einmal in der Stroh- und Lampertstraße als Forderung, dass es eine autofreie Zone wird, weil die Straße direkt durch die Innenstadt führt.

Und gibt es bei euch nur Jugendliche oder auch Erwachsene?

Da wir uns mit Parents for Future zusammengeschlossen haben, würde ich sagen, dass wir irgendwie eine gute Mischung aus Jugendlichen und Erwachsenen sind.

Gibt es bei euch Klima-Experten oder Leute, die irgendwelche Ausbildungen dazu gemacht haben?

Ja, wir haben unterschiedliche Leute, die in unterschiedlichen Bereichen aktiv sind. Insbesondere bei den Forderungen, die wir 2019 erarbeitet haben, waren auch Wissenschaftlerinnen und viele andere Experten aus verschiedenen Bereichen beteiligt. Und da haben wir bereits die Forderungen einmal erarbeitet und auch sichergestellt, dass es Hand und Fuß hat, weil uns das eben bei Fridays for Future ganz wichtig ist.

Wie finanziert sich Fridays for Future in Nürtingen?

Wir finanzieren uns durch Spenden, und ansonsten ist natürlich alles ehrenamtliche Arbeit, alles Leute, die nach der Schule, nach dem Studium, nach der Ausbildung, nach der Arbeit noch zusammenkommen und irgendwelche Aktionen planen. Aber zum Beispiel die Plakate bekommen wir von Fridays for Future Deutschland, da werden welche allgemein gedruckt, und Material wird uns teilweise von der Bundesebene zur Verfügung gestellt.

Wie viel kostet eine Aktion ungefähr?

Das ist schwierig genau zu sagen. Also wir hatten zum Beispiel eine Aktion, und da war eine ganz, ganz große Weltkugel aus Pappmaschee. Und da waren die Materialkosten natürlich da. Aber ansonsten kostet das ja nichts, wenn man einfach auf die Straße geht. Das Einzige, was das kostet, sind vielleicht die Plakate und Materialien für irgendeine Kunstaktion oder Ähnliches. Und meistens machen wir es so, dass wir eben ein Megafon und die Boxen für Lautsprecher ausleihen, dass wir da nicht irgendwie was neu kaufen, sondern schon das, was da ist, benutzen und irgendwie aus einem alten Karton unsere Schilder selbst basteln.

Gab es schon Erfolge oder besondere Meilensteine?

Wenn wir über Fridays for Future im Allgemeinen sprechen, glaube ich, dass der bedeutendste Erfolg darin besteht, dass vor fünf Jahren niemand über Klimaschutz und die Klimakrise gesprochen hat. Jetzt ist es ein unverzichtbares Thema in der öffentlichen Diskussion, das auch eine entscheidende Rolle bei Wahlen spielt. Wenn wir auf Nürtingen schauen: der größte Erfolg waren diese 20 Forderungen, sie hängen, glaube ich, immer noch bei unserem Oberbürgermeister im Schrank und dass die auch in den Gemeinderat eingebracht und dort diskutiert wurden. Dazu dann noch mal, dass vom Gemeinderat ganz viele konkrete Anträge gestellt wurden, wie man es umsetzen kann. Derzeit arbeitet die Stadt Nürtingen zusammen mit einem Klimabeirat, in dem ich auch für Fridays for Future mit drinsitzen darf, an einem Konzept. Das dient als Richtlinie dafür, wie Nürtingen klimaneutral werden kann. Es handelt sich also um einen konkreten Plan. Dies war eine Forderung von Fridays for Future, die nun aktiv umgesetzt wird. Das haben wir als Fridays for Future gefordert und das wird gerade erarbeitet. Und wir dürfen auch bei der Gestaltung mitsprechen, mitdiskutieren, unsere Forderungen miteinbringen. Es ist jetzt ganz wichtig, dass wir eben auch als Nürtingen vor Ort unseren Beitrag zum Pariser Klimaabkommen leisten.

Wie sind die Reaktionen von Menschen auf euch, wenn sie euch auf den Straßen sehen?

Ganz unterschiedlich, würde ich sagen. 2019 war die Unterstützung sehr groß und man hat gemerkt, dass wirklich die breite Gesellschaft hinter uns steht und das gut findet. Leider erleben wir zunehmend Gegenwind gegen den Klimaaktivismus, was für uns manchmal schwer nachvollziehbar ist. Als Fridays for Future gehen wir friedlich auf die Straße und setzen uns dafür ein, dass politische Maßnahmen ergriffen werden, damit unsere Kinder und Enkelkinder auf diesem Planeten leben können. Und man merkt aber eben auch, dass es gerade mehr Hass gegen Klimaaktivistinnen gibt. Ich finde, das ist ganz, ganz gefährlich für uns, für unsere Demokratie. Ganz wichtig ist, dass man eben in Erinnerung behält, dass Fridays for Future friedlich auf die Straße geht und einfach will, dass Mehrheiten hinter Klimaschutz stehen und das gemeinsam in Deutschland umsetzen.

Welche historische Verantwortung seht ihr für euch?

Ich glaube, wir haben als Menschen, die in Deutschland geboren sind, eine große historische Verantwortung. Weil ja Deutschland und der globale Norden dafür verantwortlich sind, dass Menschen, die im globalen Süden leben, gerade jetzt schon ganz stark unter spürbaren Folgen der Klimakrise leiden. Es ist unfair, wenn man bedenkt, dass die Menschen im globalen Süden historisch und aktuell am wenigsten zu den globalen Treibhausgasemissionen beigetragen haben. Der Großteil dieser Emissionen stammt hingegen aus dem globalen Norden, also auch aus Deutschland. Der globale Norden hätte schon vor 30 oder 40 Jahren einen anderen Weg einschlagen sollen, um dies zu verhindern.

Was ist dein großer Traum?

Eine klimagerechte Welt. Der Begriff Klimagerechtigkeit umfasst ja irgendwie auch, dass es nicht nur um Klimaschutz geht, sondern eben auch um Gerechtigkeit im Bereich Gleichstellung zwischen den Geschlechtern, aber auch, wenn es um das Thema Rassismus geht, soziale Ungleichheit, also dass man mit der Transformation hin zu einer klimaneutralen Welt auch mehr Gerechtigkeit schafft.

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