Leserbriefe

Wird Verantwortung einfach abgeschoben?

Peter Krüger, Nürtingen. Zum Artikel „Zehn Monate nach der Tragödie“ vom 21. August.

Es gab Hinweise auf unzumutbare Wohnverhältnisse, mangelnden Brandschutz, extreme Überbelegung und Mietwucher in beiden in Brand geratenen Gebäuden. Die Nürtinger Stadtverwaltung konnte laut Presse-Berichten nicht eingreifen, weil es in Baden-Württemberg kein Wohnungsaufsichtsgesetz gibt. Der Bundestag hat im Jahr 2017 eine Dokumentation über öffentlich-rechtliche Befugnisse bei Wohnungs-Missständen in Baden-Württemberg erstellt. Daraus geht hervor, dass die jeweilige Orts-Polizeibehörde die Aufgabe hat, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Ich bin kein Jurist, deshalb weiß ich nicht, ob dies nicht ausreichend für ein Handeln seitens der Verwaltung gewesen wäre.

Ich frage mich auch, ob der oder die Gebäude-Eigentümer sich aufgrund der Einschaltung einer dritten Vermietungs- beziehungsweise Verwaltungs-Firma so einfach von jeder Verantwortung freisprechen können, laut Grundgesetz Artikel 14 verpflichtet Eigentum und soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Wessen Wohl wurde gedient, wenn die Vorwürfe bezüglich der Überbelegung und des Mietwuchers zutreffen sollten?

In Berlin, wo es ein Wohnungsaufsichtsgesetz gibt, wurde ein besetztes Haus, wenn auch sehr spät und gegen den Willen der Besetzer, unter Polizei-Einsatz bezüglich Brandschutz überprüft. In Baden-Württemberg erklärt das CDU-geführte Wirtschaftsministerium, ein derartiges Gesetz sei nicht nötig, da die Kommunen genügend Möglichkeiten zum Eingreifen hätten. Da staunt der Laie und fragt sich, wer hier die Wahrheit sagt und wer dies nicht tut.

Zur Startseite