Leserbriefe

Afghanistan: Fluch der bösen Tat

Dr. Johannes Heimann, Nürtingen. Zur Krise in Afghanistan.

Bis 1979 regierte in Afghanistan ein Marionettenregime der Sowjetunion. Ab 1978 betrieb Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter und auch danach noch ein maßgeblicher „Falke“ der US-Außenpolitik, ein raffiniertes Spiel: Er rüstete die bis dahin weitgehend apolitischen und bedeutungslosen Taliban zu antisowjetischen Kämpfern hoch, wobei ihm ein Saudi namens Osama bin Laden half – und sorgte dafür, dass dies den Sowjets bekannt wurde. Diese gingen Brzezinski in die Falle und besetzten das Land militärisch. Brzezinski jubelte: Endlich hat die Sowjetunion auch ihr Vietnam – daran wird sie eingehen! Tatsächlich erschöpften sich diese in jahrelangen Kriegshandlungen. 2000 – noch vor Nine-eleven – sagte Brzezinski in einem Interview sinngemäß: Im Vergleich zum Fall der Sowjetunion – was bedeuteten da schon ein paar durchgeknallte Islamisten? Ein Jahr später hätte er das sicher nicht mehr öffentlich gesagt.

Der politische Islamismus war 1979 am Hinsiechen. Die Araber hatten gemerkt, dass er sie genauso wenig satt machte wie der panarabische Nationalismus Nassers einige Jahre zuvor. Doch dieser politische Islamismus wurde nun – ausgerechnet durch die USA – wiederbelebt und auf die Sowjetunion gehetzt. Danach wurden die USA die Geister, die sie gerufen hatten, nicht mehr los: sie wendeten sich nun gegen die USA.

Die Strippenzieher von Nine-eleven waren überwiegend saudischer Herkunft, deshalb – das ist amerikanische Logik – führten die USA nun Krieg gegen Afghanistan – und kämpften gegen die von ihnen selbst ausgerüsteten Feinde.

Deutschland machte brav mit. Der damalige deutsche Verteidigungsminister Struck (SPD) sagte, die westliche Welt werde am Hindukusch verteidigt. „Nichts ist gut in Afghanistan!“, antwortete die damalige EKD-Ratsvorsitzende Käßmann. Da ging es aber los in der deutschen Presse: man wurde nicht müde, den humanitären Charakter der Aktion zu betonen. Dass der Krieg schon von Anfang an verloren war, begriffen viele schon früh – machten aber einfach 20 Jahre lang weiter.

Die schreckliche Tragödie, die die Taliban über Afghanistan bringen, möge uns eines lehren: das kommt raus, wenn eine Supermacht glaubt, ihren eigenen Demokratieüberschuss mit Waffengewalt exportieren zu können. Das Ansehen des Westens ist jetzt so ruiniert, dass wir nichts mehr helfen können – sehr wohl aber Schutzsuchende aufnehmen müssen. Mitgegangen – mitverpflichtet.

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