Weihnachtsgrüße

Plätzchen backen im neuen Ofen

Adrian Bail begeistern während seines Masters in Taiwan die vielen praktischen Dinge des täglichen Lebens

Das Gruppenbild entstand während eines gemütlichen Barabends von Adrian Bail (Mitte) und seinen Freunden.

Ende August ging es los in ein lang geplantes Abenteuer: Nach dem Uniabschluss ab nach Taiwan für ein Masterprogramm! Schon während meines ersten Besuchs im Jahr 2015 hatte ich mich sofort in den kleinen Inselstaat nicht weit von der chinesischen Küste verliebt. Trotz geografischer und kultureller Nähe sollte man das demokratische Taiwan, das offiziell den Namen „Republik China“ trägt und einen eigenen Staat bildet, keinesfalls mit der Volksrepublik auf dem chinesischen Festland verwechseln.

Einfach diese Info im Hinterkopf behalten und schon kann man souverän einen Großteil aller Fettnäpfchen im Umgang mit Taiwanesen aus dem Weg gehen.

Da ich schon mehrere Male in Asien und auch Taiwan speziell war, es mich aber davor nie länger in die Hauptstadt Taipei verschlagen hatte, in der ich nun studiere, musste ich sehr schnell eine wichtige Lektion lernen: niemals, wirklich niemals ohne Regenschirm aus dem Haus! Neben den wild durch die Straßen bretternden Rollerfahrern scheint das überaus launische Wetter die größte Gefahr in dieser pulsierenden Metropole zu sein. Hat man jedoch einen Schirm dabei und passt auf Zweiräder auf, die gerne mal aus kleinen Gassen geschossen kommen, kann die Erkundung von Taipei mit seinen unendlichen Nachtmärkten losgehen!

Und sobald man sich auch nur ein wenig in Richtung Mittel- und Südtaiwan bewegt – Taipei liegt im Norden –, kann man sogar den Schirm weglassen. Entdecken lässt sich in Taiwan nämlich so einiges: Einflüsse aus allen Regionen Chinas, das Erbe der japanischen Kolonialzeit und viele lokale Besonderheiten sind überall präsent und verschmelzen zu einem charmanten Ganzen. Vor allem kulinarisch ist Taiwan ein wahres Schlaraffenland mit allen erdenklichen Leckereien, die man auf den Nachtmärkten und in den vielen Restaurants probieren kann. Auswärts zu essen ist paradoxerweise oftmals günstiger als selbst zu kochen, sodass viele Taiwanesen im Studentenalter tatsächlich nicht kochen können. Das studentische Freizeitleben an sich gestaltet sich auch ein wenig anders als in Deutschland: Statt abends noch ein paar Bierle zu zischen, futtert man sich in Taiwan eher mit seinen Kommiltonnen durch den nächsten Nachtmarkt oder nimmt an einem der vielen Uniclubs teil. Das heißt natürlich nicht, dass Taiwanesen zu ein paar Bier Nein sagen würden: Gerade in den beliebten Karaokebars herrscht oft Partystimmung und ich muss zugeben, dass Karaoke wirklich Suchtpotenzial hat. Allerdings sollte man mindestens mittelmäßig Chinesisch können, da andere Sprachen bei der Liederauswahl schwach (Japanisch, Englisch) bis gar nicht (Deutsch) vertreten sind. Im Augenblick arbeite ich nebenher im Hostel „Smile Taipei“ und wohne dort auch. So habe ich einen auch Einblick ins Arbeits- und Reiseleben in Taiwan und begegne oft völlig skurrilen Deutschlandbildern. Laut den taiwanesischen Medien muss Deutschland das Paradies sein, in dem Milch und Honig fließen. Berichte ich dann aus der Realität, zum Beispiel über die Situation von Internet und Mobilkfunk bei uns, sind die Leute völlig erstaunt und müssen sich wohl an die Zustände zur Zeit der Jahrtausendwende erinnern.

Taiwan hat keinerlei Grund, sich hier hinter irgendwem verstecken zu müssen: Nicht nur die Netzverbindung, auch viele andere Aspekte des Lebens in Taiwan lassen sich mit dem Wort „praktisch“ am besten beschreiben: Zum Beispiel wären da die – wörtlich übersetzt – „praktischen Läden“, eine Art 24 Stunden geöffneter Mini-Supermarkt. Diese gibt es an wirklich jeder (das ist wörtlich zu nehmen!) Ecke. Im Angebot ist von einfachem Essen, Getränken, frischem Kaffee über Zugtickets und Bankautomaten bis hin zu Druck- und Kopierservice wirklich alles. Diese Läden sind inzwischen schon ein fester Teil der taiwanesischen Kultur und es lässt sich eigentlich nicht mehr vorstellen, wie das Leben vor den 24-Stunden-Läden hier aussah. Man muss Taiwan mit all seiner Praktischkeit, dem leckeren Essen und den herzlichen Leuten einfach lieben!

Das Einzige was hier fehlt ist eigentlich aktuell die Weihnachtsstimmung. Zwar bin ich die Tage bei eisig-weihnachtlichen 19˚ Grad an einem Krimskrams-Laden mit Weihnachtskitsch vorbeigelaufen, aber das war’s auch schon. Wenigstens hat meine Chefin in einen neuen Ofen investiert, womit Plätzchen auch dieses Jahr nicht fehlen werden. An Weihnachten wird es wohl ganz traditionell mit ein paar Freunden in die Kirche gehen, manches gehört sich einfach wie daheim.

Ich wünsche allen zu Hause liebe Grüße und „shengdanjie kuaile“ aus Taiwan!

Adrian Bail

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