Beuren

Kostspieliger Brandschutz für Kinderheim in Beuren

Licht der Hoffnung: Das Kinderheim Haus Aichele in Beuren muss rund eine Million Euro in Brandschutz- und Sanierungsarbeiten investieren. Mit Mitteln aus der Weihnachtsspendenaktion wird eine Außenfluchttreppe finanziert.

Im Haus Aichele in Beuren ist die kostspielige Brandschutzsanierung angelaufen. Foto: privat

BEUREN. Fast unscheinbar steht das große Gebäude am Ortsrand von Beuren. Eine Einrichtung, die 1922 von Julie Aichele als Deutschlands erste psychotherapeutische Einrichtung gegründet wurde. Die Zielrichtung der Arbeit hat sich in all den Jahren kaum geändert. Kinder im Alter zwischen sechs und 18 Jahren mit Verhaltensauffälligkeiten und psychogenen Störungen finden im Haus Aichele Hilfe.

Derzeit steht das große Gebäude an der alten Steige allerdings weitgehend leer. Handwerker geben den Ton an. Das Landratsamt in Esslingen erteilte Ende letzten Jahres die Genehmigung – sprich es gab den „roten Punkt“ für die Brandschutzsanierung. Im Januar rückten dann die ersten Handwerker an. „Das Gebäude ist eine einzige Baustelle“, sagt Jana Stolze, die derzeit im Homeoffice ist, weil sie bei all dem Baulärm in ihrem Büro bei Telefonaten fast ihr eigenes Wort nicht versteht. „Da werden Türen und Wände rausgerissen, Holzdecken entfernt, die Flaschner verlegen neue Leitungen für die Heizung und für neue sanitäre Installationen“, nennt Jana Stolze die größten Veränderungen und die damit zusammenhängenden Bauarbeiten. Um den Anforderungen des Brandschutzes gerecht zu werden, muss auch eine Außenfluchttreppe angebaut werden. Für die Finanzierung dieser Außentreppe, die vom zweiten Stockwerk bis auf die Terrasse führt, hat das Haus Aichele eine Spende aus der Weihnachtsspendenaktion „Licht der Hoffnung“ beantragt. „Wir sind dankbar für jede Spende“, sagt Jana Stolze, denn die Umbaukosten übersteigen das Budget der Einrichtung bei Weitem. Um die Finanzierungslücke zu stopfen, haben schon im letzten Jahr der Beurener Fußballstar Christian Gentner und seine Ehefrau Verena ihre Hilfe beim Spendensammeln zugesagt.

Kinder sind in Übergangsquartier in Beuren umgezogen

Während die Handwerker im Kinderheim in der Steige zugange sind, sind die Kinder in ein Übergangsdomizil in Beuren umgezogen. Lange haben Heimleiterin Claudia Oster, Mario Biel und Jana Stolze vom Leitungsteam überlegt, wie der Betrieb während der Umbauphase weitergeführt werden kann. Umbau in mehreren Etappen oder Umzug in ein Übergangsquartier? Mit Unterstützung der Gemeinde Beuren ist es gelungen, ein Übergangsdomizil zu finden. Ein Haus in Privatbesitz, das während der Bauphase angemietet werden konnte. Und wie lange werden sich die Brandschutzmaßnahmen hinziehen? „Der Architekt geht von einer Bauzeit von rund acht Monaten aus“, sagt Jana Stolze. Bei den derzeitigen Lieferschwierigkeiten für Baumaterialien sei aber eher mit zehn bis zwölf Monaten zu rechnen, so Stolze.

Im Zusammenhang mit der Sanierung haben Vorstand und Geschäftsführung des Kinderheimes natürlich auch die Zeit nach Abschluss der Bauarbeiten im Blick. Welche zusätzlichen Angebote kann das Haus Aichele nach erfolgter Brandschutzsanierung machen? Die Erfahrungen zeigen, dass der Hilfebedarf bei Kindern und Familien als Folge der Pandemie noch zunehmen wird. Denn Familientage, das Sommerfest, der Grillabend zur Verabschiedung in die Ferien und auch viele Gespräche sind coronabedingt ausgefallen. „Wir haben viele Online-Angebote gemacht, aber Präsenzveranstaltungen sind nur bedingt zu ersetzen“, sagte Heimleiterin Claudia Oster schon bei einem Gespräch im letzten Sommer.

Nach der erfolgreichen Brandschutzsanierung möchte man im Haus nicht nur wie bisher zwei Gruppen mit jeweils sechs Kindern im Alter zwischen sechs und 18 Jahren anbieten, sondern darüber hinaus eine weitere Vierer-Gruppe für vier- bis achtjährige Kinder mit intensivster Eltern- und Familien-Arbeit. Und ergänzt werden soll das psychotherapeutische Angebot durch ambulante Dienste für Familien im Neuffener Tal (Erziehungsbeistandschaft, sozialpädagogische Familienhilfe, Familienseminare). Die Not von Familien hat sich während des Lockdowns verschärft. „Die Anfragen haben spürbar zugenommen“, so die Heimleitung. Die Kinder leiden unter Gewalt-Erfahrungen, Trennungserlebnissen, schwerem Alkoholmissbrauch, sexuellen Übergriffen und oft sind auch die Eltern psychisch erkrankt. Deshalb ist es Teil des Konzeptes, die Eltern in die Therapie einzubeziehen.

Wichtigste Aufgabe für Heimleitung und Geschäftsführung des Kinderheims ist es jetzt, die Umbaumaßnahmen zu finanzieren, um den Kindern wieder gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie zu bieten.

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