Nürtingen

Wilfried Weber aus Nürtingen will der 13-jährigen behinderten Liliana in Kuba helfen

Für das unter dem Dandy-Walker-Syndrom leidende Kind gibt es im Heimatland keine medizinische Hilfe mehr. Mit einer Spendenaktion soll sie für Untersuchungen nach Deutschland geholt werden.

Wilfried Weber: Digitaler Kontakt mit Liliana in Kuba. Foto: Andreas Warausch

NÜRTINGEN. „Die Situation da drüben ist richtig schlecht“, sagt Wilfried Weber mit Blick auf Kuba. Der Inselstaat ächzt unter den westlichen Sanktionen. Die Menschen hierzulande hätten das nicht auf dem Schirm, hat der Trainer vom Ruderclub Nürtingen festgestellt. Das ist auch ein Grund, warum er unbedingt Liliana Vigo Machada helfen will. Die 13-Jährige ist behindert. Seit Geburt. Die kubanischen Ärzte diagnostizierten das Dandy-Walker-Syndrom – und sagten bereits vor Jahren der alleinerziehenden Mutter, dass sie nichts mehr für ihr Kind tun könnten. Wilfried Weber will sicher sein. Er will das Kind nach Deutschland holen, damit es in der Uniklinik Tübingen untersucht werden kann und erst einmal eine richtige Diagnose gestellt werden kann. Denn ob das Kind wirklich unter dem Dandy-Walker-Syndrom leidet, sei nicht ganz klar. So ist die Hoffnung: Vielleicht kann dann Lilianas Lebensqualität verbessert werden. Um Liliana mit ihrer Mutter nach Deutschland zu holen und den einwöchigen Aufenthalt des Kindes in der Klinik zu ermöglichen, braucht es Geld. 15.000 Euro kostet erst einmal die medizinische Versorgung. Die Kosten für Anreise und Unterkunft kommen dazu. Wilfried Weber will dafür Spenden sammeln.

Spenden sammeln für ein kubanisches Kind? Auch das ist alles andere als einfach. Es gibt Crowdfunding-Plattformen im Internet für solche Fälle. Da kann Geld sicher und einfach gesammelt werden – und auch für die Spender sicher und einfach. Aber für ein Kind in Kuba? Das geht nicht. Keine Spenden für Menschen in einem Land, gegen das Sanktionen verhängt sind. Wilfried Weber ließ sich nicht davon unterkriegen. Warum sollte das Leben – dieses kleine Stück Hoffnung, ein kleines bisschen mehr Wohlergehen – für ein Kind aus Kuba weniger wert sein als für Kinder in anderen Ländern? Nun hat Wilfried Weber mit seinen Mitstreitern André Erb, dessen Frau Sabine Thiebes und den Kindern Anna und Julian Thiebes einen Weg gefunden: Ein Sonderkonto bei der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen.

Der Weg zu dieser Hilfsaktion begann für Wilfried Weber freilich schon viel früher. Vor vier Jahren war er mit seinem Sohn im Urlaub auf Kuba. „Da haben wir Ruderer gesehen“, berichtet der Trainer vom Ruderclub Nürtingen. Weber ruderte eine Runde mit ihnen. Der passionierte Trainer erläuterte ihnen, was sie besser machen können. Das Hauptproblem aber war: „Ihre Boote waren in desolatem Zustand.“ Weber kümmerte sich bei einigen Ruderclubs hier in Deutschland um Ersatzteile. Eine ganze Kiste mit Schienen und Rädern für die Rollsitzgeräte kam zusammen.

Die Mutter ist sehr dankbar für die Hilfe

Doch Weber wollte mehr. Ein Jungen-Achter und ein Mädchen-Vierer sollte zu einer internationalen Regatta nach München kommen. Doch es war zu teuer. Der Plan scheiterte. Mit André Erb war er sich aber schnell im Klaren darüber, dass man etwas Gutes für die Menschen auf der Insel tun wolle. Bei einem Trip mit Ersatzteilen für die kubanischen Ruderfreunde lernte Wilfried Weber eine Mutter mit einem behinderten Kind kennen: Liliana. Vermutlich leide sie am Dandy-Walker-Syndrom, sagte die Mutter. Doch sie zweifelt an der Diagnose. Denn Liliana sitzt nicht im Rollstuhl, kann laufen, reagiert auf Ansprache.

„Das Kind ist lebensfroh“, sagt Wilfried Weber. Und zur Bestätigung ruft der 58-jährige Nürtinger gleich die Mutter Libbis Machado Lopéz an. Kurz darauf strahlt Liliana ins Handy. Und der Mutter ist die Dankbarkeit für die schwäbische Hilfsbereitschaft ins Gesicht geschrieben. Dass Liliana nicht geheilt werden kann, ist ihr klar. Aber mit der richtigen Diagnose, mit den richtigen Medikamenten und der richtigen Behandlung hätte sie vielleicht eine bessere Lebensqualität, hofft sie.

In Kuba wurde das Kind aussortiert, sagt sie auf spanisch. Wilfried Weber übersetzt. Die Sprache hat er sich so gut es geht angeeignet durch seine Hilfsaktionen. Es gebe für sie keine Konsultationen oder Reha-Maßnahmen mehr. Seit ihrem fünften Lebensjahr. Die Krise des Gesundheitssystems auf Kuba verschärfe sich täglich, sagt die besorgte Mutter: „Es gibt praktisch keine Medikamente mehr.“ Und wenn, dann sind sie extrem teuer. Dabei ist sie alleinerziehend. Lilianas Vater lebt in den USA. Zahlt nur den Mindestsatz. 50 Dollar im Monat. Dabei braucht Liliana auch Windeln.

Deshalb hofft sie auf Hilfe in einem entwickelten Land. Dass für Liliana alles verloren sei, will sie nicht akzeptieren. Denn sie hat damals gesehen, welche Fortschritte ihre Tochter durch Reha-Maßnahmen machte.

Wer kann dann helfen hier in Europa? Weber wendete sich an einen Schweizer Arzt. Der greift aber bereits vor der Geburt an. André Erbs Tochter Anna, selbst hörgeschädigt, recherchierte. In Tübingen wurde sie fündig. Man würde Liliana für eine Woche aufnehmen. Würde nach einer Diagnose schauen und überlegen, was für sie getan werden kann. Kostenpunkt: 15.000 Euro. Dazu kommen die Kosten für den Flug von Mutter und Kind nach Frankfurt, dort würde Weber die beiden holen. Deshalb sagt der Nürtinger: „Ich hoffe, dass über eine Spendenaktion was geht.“

Dass man mit Zuwendung, Organisationstalent und Geduld auch in Kuba etwas erreichen kann, hat Weber übrigens gelernt: Einer von den jungen Ruderern, mit denen er damals in Kontakt kam, reist demnächst mit dem kubanischen Nationalteam zu seiner ersten internationalen Regatta in Wladiwostock. „Der war damals richtig gut, der Junge“, erinnert sich Weber. Doch ohne seine Hilfe hätte er es nicht so weit gebracht. Der Schwabe hatte ihm nicht nur Ersatzteile besorgt, sondern auch mal das Telefon aufgeladen – damit er auch mit der Mutter in Kontakt bleiben kann. Wenn man also unbedingt will, kann auch den Menschen in Kuba geholfen werden. Trotz Sanktionen. Das will Wilfried Weber nun auch für Liliana und ihre Mutter tun. Doch dafür braucht er die Unterstützung der Menschen hier.

Helfen kann man Liliana mit einer Spende auf das Konto bei der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen unter Sonderkonto Liliana, IBAN: DE44611500200104587168. Crowdfunding-Plattformen können für ein Land, für das Sanktionen verhängt wurden, nicht genützt werden.

Zur Startseite