(heb) Nach seinem plötzlichen Tod während eines Deutschlandbesuches wurde die Leiche des Chefdenkers der europäischen Linken, Herbert Marcuse, wunschgemäß in Starnberg verbrannt. Die Entscheidung der deutschen Behörden, die Urne mit der Asche ihres Mannes seiner Witwe zur Überführung in die USA auszuhändigen, hatte weitreichende Folgen. Der Tod durch Hirnschlag war am 29. Juli 1979 eingetreten. Die Verbrennung fand im Rahmen der gesetzlichen Fristsetzungen statt. Nach seinem Tode wurde die Urne von seiner Frau in die USA überführt, die Asche wurde jedoch nicht bestattet, geriet in Vergessenheit und gelangte erst im Jahr 2003 in den Besitz seines Sohnes Peter und seines Enkels Harold. Die Nachkommen entschlossen sich schließlich dazu, Marcuse in seiner Geburtsstadt Berlin bestatten zu lassen. Die Beerdigung fand im Sommer 2003 unter großer Anteilnahme der Medien auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin statt, auf dem auch Bertolt Brecht, Heinrich Mann, Johann Gottlieb Fichte und Georg Wilhelm Friedrich Hegel bestattet sind. Keine üble Gesellschaft, fürwahr, und: So eine Asche macht ja keine große Strukturveränderungen eventuell vorhandenen Resteiweißes mehr durch, dürfte also im Verlauf ihres 24-jährigen Verschollenseins nicht sonderlich gelitten haben. Vermutlich hat sie einen Großteil dieser Zeit auf dem Fernseher oder einem Altar in der Hausbibliothek verbracht, falls dieser Begriff in diesem Zusammenhang überhaupt zulässig ist. Wie auch immer: Von einer Urne mit der Asche eines Menschen in ihrem Innern kann man standortunabhängig sagen, sie möge sein, was sie will, eindimensional ist sie nicht.