Nürtingen
Der Kaiser von Haiti
Der Kaiser von Haiti

Wer wäre nicht gerne Kaiser? Denn der hat Macht, Geld und wird von allen geliebt. Darüber steht, so lehrt uns das Märchen vom Fischer und siner Fru, nur noch der Papst. So weit, so romantisch. Doch leider ist wieder mal nicht alles so einfach, wie es zunächst scheint. Denn erstens erlebte das Papsttum auch seinen Verlust der Einzigartigkeit in mehreren Schismata, und auch das Kaisertum, ursprünglich ebenfalls mit einer Aura der Universalität versehen, bekam in späteren Zeiten einen geradezu inflatorischen Wertverlust und immer mehr seltsame Kronen aufgesetzt. So ernannte sich 1859 ein gewisser Joshua Norton zum Kaiser von Amerika, nebenan in Mexiko hatte die europäische Politik den österreichischen Prinzen Erzherzog Maximilian zum Kaiser proklamiert, und so fand es vermutlich auch im nahe gelegenen und schon damals von Unruhen geschüttelten Haiti ein dunkelhäutiger Ex-Sklave namens Jean-Jacques Dessalines zu Beginn des 19. Jahrhunderts nur gerecht, wenn auch über seinem Land die Sonne der Kaiserwürde mit der natürlich karibischen fortan um die Wette strahle. Klar, dass er (und nur er!) dafür der richtige Mann war. Einen Aufstand gegen die französische Kolonialmacht nutzend, erklärte er 1804 Haiti für unabhängig und krönte sich selbst zum Kaiser. Doch stand dem armen Kerl damals keine Geheimpolizei zur Verfügung, wie sie in Gestalt der Tontons Macoutes die Diktatur der Duvaliers beherrschte, so dass ihn am 17. Oktober 1806 der Tod in Form eines Auftragsmordes ereilte. Immerhin erinnert an ihn noch die haitianische Nationalhymne, nach ihm La Dessalinienne genannt. heb