Das edle Handwerk der Floristik zählt genau genommen auch zu den Medienberufen. Denn schließlich kann man auch etwas durch die Blume sagen. Je nachdem, was da mit Grünzeug aufgebunden und mit Glanzspray veredelt in Folie gehüllt wird, werden unterschiedliche Aussagen getroffen. Das Überreichen einer roten Rose, das weiß sogar der größte Blumenmuffel, drückt innige Liebe aus. Was eine Klette sagen könnte, liegt auf der Hand. Doch was möchte jemand sagen, der eine Hortensie überreicht? Ausgehend von den Briefen aus Istanbul, die die englische Schriftstellerin Lady Mary Wortley Montagu Anfang des 18. Jahrhunderts schrieb, wurde im Laufe der Zeit ein ausgeklügeltes System der floristischen Kommunikation entwickelt. Demzufolge sollte sich der Empfänger der Hortensien nicht allzu sehr freuen, der Schenker will ihm nämlich sagen: Du bildest dir zu viel auf dich ein. Wenig schmeichelhaft ist auch die Akelei. Wer mit ihr bedacht wird, den hält der Schenker für einen Schwächling. Höchste Alarmstufe herrscht, wenn Kapuzinerkresse im Gebinde steckt. Du verbirgst etwas vor mir, mutmaßt der Schenker. Sollte man dann vielleicht mit einem Strauß Aurikeln antworten: Belästige mich nicht? Oder gar mit Solanum sagen: Deine Eifersucht ist unbegründet? Scheinbar gibt es nichts, was man nicht durch die Blumen sagen kann außer, dass man sich sehr darüber freut, überhaupt welche geschenkt zu bekommen. bg
