Weihnachtsgrüße
Zaghafte Weihnachtslieder sind aus den Lautsprechern zu erahnen
Rouven Kendel verbringt zwei Semester im kalifornischen Fresno – Weihnachten verbringt er unter Palmen auf der Insel Maui
Bisher habe ich Jahr für Jahr die „Weihnachtsgrüße aus aller Welt“ in der Nürtinger Zeitung gelesen und die Leute bewundert, die solche Erfahrungen im Ausland sammeln dürfen. Nun gehöre ich selbst dazu und darf euch heute meine Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen schildern, die ich bisher im Land der unbegrenzten Möglichkeiten – Amerika – erleben durfte. Ich habe das Glück, zwei Semester im Rahmen meines BWL-Studiums in Kalifornien, genauer gesagt in Fresno, verbringen zu dürfen.Fresno ist eine Stadt mit etwa 500 000 Einwohnern und liegt zwischen Los Angeles und San Francisco. Diese sehr zentrale Lage ist ein guter Ausgangspunkt, um den Bundesstaat Kalifornien zu erkunden. Die ersten Tage und Wochen waren geprägt von einem Aha-Erlebnis nach dem anderen. Als ich hier Mitte August ankam, kratzte das Thermometer jeden Tag nahezu an der 40 Grad-Marke. Doch der Schock trifft einen dann, wenn man in einen Supermarkt geht, um etwas einzukaufen, und man sich in einem Kühlhaus wiederfindet. In allen Restaurants und öffentlichen Einrichtungen läuft die Klimaanlage immer auf Hochtouren. Oftmals wird sogar mit Ventilatoren nachgeholfen. Natürlich ist hier alles überdimensional groß, angefangen von den Autos über die oft vierspurigen Straßen bis hin zu den Supermärkten. Ein besonderes Erlebnis und eine neue Erfahrung war es auch, in einem amerikanischen Supermarkt einzukaufen. Um sich dort zurechtzufinden, wäre ein Navigationssystem am Anfang nicht schlecht. Witzig finde ich auch, dass so manches Klischee über Amerikaner bestätigt wird. So habe ich zum Beispiel noch nie in meinem Leben Drive-Through-Geldautomaten gesehen. Frei nach dem Motto: Nur das Auto nicht verlassen und keinen Meter zu viel laufen. Meine Wohnanlage ist sehr schön und idyllisch angelegt. Ich wohne in einem Apartment mit einem deutschen Kommilitonen und zwei Amerikanern. Die gesamte Anlage verfügt über einen großen Pool, einen Whirlpool, ein Fitnessstudio, Racquetball-Hallen und vieles mehr. Die Vorfreude auf den ersten Tag an einer amerikanischen Universität war natürlich riesig, wenn auch mit etwas Respekt begleitet, da man nicht erahnen konnte, was einen alles erwarten würde. An der Universität Fresno studieren circa 30 000 Studenten in den verschiedensten Fachrichtungen und dementsprechend riesig ist auch der Campus. Schon alleine die abertausende Parkplätze direkt vor dem Campus stellen eine Sensation dar, sind aber vonnöten, denn ab dem 16. Lebensjahr gehört das Auto zum Amerikaner wie die Spätzle zum Schwaben. Das Studieren in den USA ist generell sehr unterschiedlich zum Studieren an deutschen Fachhochschulen oder Universitäten. Es gibt hier Anwesenheitspunkte, Onlinequizze, benotete Hausaufgaben und In-Class-Assignments. Der größte Unterschied stellen aber die Tests zwischen dem Semester dar, von denen man meistens drei bis zum Final-Exam schreiben muss und die alle den Charakter eines Multiple-Choice-Tests haben. Die Amerikaner leben für die Sportarten American Football und Basketball. An der Universität in Fresno gibt es Studentenmannschaften in verschiedenen Sportarten, die gegen andere Universitäten in einer Liga antreten. Das Footballstadion hier in Fresno zum Beispiel fasst circa 40 000 Menschen und es ist immer ausverkauft – wohlgemerkt handelt es sich hier „nur“ um Studenten-Football. Wenn ein Spiel ansteht, ist ganz Fresno auf den Beinen. Das komplette Stadion verwandelt sich dann in ein einheitliches Meer mit den Vereinsfarben der Bulldogs. Die Amerikaner schlagen schon Stunden vor Spielbeginn ihre Zelte vor dem Stadion auf und feiern mit Freunden und Bekannten. Das traditionelle „Tailgating“ beschreibt das Grillen auf der Ladefläche der Pickups, ehe dann das Game verfolgt wird – entweder direkt im Stadion oder eben auf einem mitgebrachten Fernseher direkt vor dem Stadion. Neben dem Studieren bin ich auch schon sehr viel gereist und habe unter anderem die Glamourstadt Los Angeles, die traumhaften Städte San Francisco und San Diego, die Halloween-Hochburg Santa Barbara und die Nationalparks Yosemite sowie den Sequoia und Kings Canyon besucht. Nicht zu vergessen die abenteuerliche Reise durch die Wüste zum Grand Canyon und in die Wüsten- und Spielstadt Las Vegas. Dieser Trip wird mir immer in Erinnerung bleiben, da unser Auto mitten im „Death Valley“ aufgrund von Überhitzung stehenblieb, wir ein Ticket von einem Polizisten kassiert haben, da wir scheinbar auf einer abgesperrten Straße unterwegs waren und die Strecke von Fresno nach Vegas uns somit über 15 Stunden gekostet hat, anstatt der üblichen, eingeplanten sechs Stunden. Mittlerweile ist es Anfang Dezember und in Deutschland läuft das Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren. Aber hier ist bisher noch nicht wirklich viel von Weihnachtsstimmung zu erkennen. Zwar kann man hier und da mal einen Weihnachtskranz in den Malls sichten und zaghafte Weihnachtslieder aus den Lautsprechern erahnen, aber so richtig weihnachtliche Stimmung ist noch nicht aufgekommen. Aufgrund der immer noch sehr angenehmen Temperaturen denkt man auch nicht daran, dass Weihnachten schon bald vor der Türe steht.Mein Weihnachten dieses Jahr wird komplett anders als meine bisher erlebten. Nicht nur dass ich die Weihnachtszeit rund 12 000 Kilometer entfernt von zu Hause verbringen werde, nein, dieses Weihnachten werde ich zusammen mit meiner Freundin auf der Insel Maui ganz ohne Schnee und Weihnachtsbaum, dafür aber mit sehr viel Sonne, Strand und Meer verbringen. Nun wünsche ich meiner Familie, meinen Verwandten, Bekannten und Freunden sowie den zahlreichen Lesern eine besinnliche Weihnachtszeit, ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Start in das kommende Jahr 2014.
Viele Grüße aus Kalifornien
Euer Rouven Kendel