Weihnachtsgrüße

Nsima und Huhn zur Hauptspeise – Zuckerrohr zum Dessert

Felix Fischer absolviert seinen Freiwilligendienst im südostafrikanischen Land Malawi. Er unterstützt die Malawi Aids Support Organization in einem kleinen Dorf am Malawisee.

Felix Fischer unternimmt viel mit seinem Mit-Freiwilligen Manu.

„Malawi? Wo ist denn Malawi?“ – so oder so ähnlich waren die meisten Reaktionen von Verwandten und Freunden, als ich diesen das erste Mal von meinen Plänen nach dem Abitur erzählt habe. Zugegebenermaßen wusste ich vor meinem Freiwilligendienst auch nicht viel über Malawi, außer dass es ein kleines Land im Südosten Afrikas ist. Was genau hat es also mit diesem kleinen Land auf sich und was mache ich hier überhaupt? Zuerst einmal: Mein Name ist Felix Fischer, ich bin 20 Jahre alt und mache zurzeit einen einjährigen „weltwärts“-Freiwilligendienst bei der Malawi Aids Support Organization. Die Organisation befindet sich in dem kleinen Dorf Chenyama am Malawisee, das seit August dieses Jahres mein neues Zuhause ist.

Malawi hat rund 19 Millionen Einwohner und ist in etwa ein Drittel so groß wie Deutschland. Das Land ist bekannt für die Herzlichkeit seiner Einwohner, weswegen es diese auch „the warm heart of africa“ nennen. Im Jahr 2021 hatte Malawi eine HIV-Rate von neun Prozent. Zum Vergleich: Deutschland hatte im Jahr 2021 eine HIV-Rate von 0,1 Prozent.

Der „weltwärts“-Freiwilligendienst ist ein vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördertes Programm, welches jungen Leuten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung, einem abgeschlossenen Abitur oder Fachhochschulreife ermöglicht, ein Jahr in einer sozialen Einrichtung des globalen Südens zu arbeiten.

Die Aidshilfe, in der ich arbeite, wurde im Jahr 2004 von einem deutschen Ärzteehepaar gegründet. Anfangs beherbergte diese nur eine HIV-Test- und -Beratungsstation, im Laufe der Jahre wuchs das Projekt allerdings mehr zu einer kleinen Dorfklinik heran. Neben dem ganztägigen HIV-Testen gibt es die sogenannte „Home-Based-Care“. Dabei besuche ich zusammen mit meinen Kollegen Patienten zu Hause, um Wunden zu behandeln oder sie mit einfachen Schmerzmitteln versorgen.

Neben der Home-Based-Care gibt es morgens von 8 bis 11 Uhr einen Kindergarten, in dem die Kinder spielerisch auf die Grundschule vorbereitet werden und eine warme Mahlzeit erhalten. Nachmittags finden dann ein Primary-School-Unterricht und ein Unterricht für Analphabeten statt.

Die Primary School ist hauptsächlich für Dorfbewohner, welche ihre Primary School aus verschiedenen Gründen nicht abschließen konnten und nun die Möglichkeit haben, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Mehr als einem Drittel der Erwachsenen Bevölkerung fehlen Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben. Die Analphabeten-Schule ist vor allem für Frauen, denen der Schulbesuch vor Einführung der allgemeinen Schulpflicht oft verwehrt wurde.

Das Gesundheitswesen Malawis ist mit dem in Deutschland nicht zu vergleichen. Pro Distrikt gibt es in Malawi nur ein staatliches Krankenhaus. Fürs Verständnis: Distrikte in Malawi sind vergleichbar mit Bundesländern in Deutschland. Allein den Transport per Fahrradtaxi zum Distriktkrankenhaus können sich viele nicht leisten und eine Versorgung per Krankenwagen, wie man sie in Deutschland kennt, existiert in Malawi nicht.

Folglich haben viele Malawier nur einen sehr eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. Zudem sind die staatlichen Krankenhäuser sehr schlecht ausgestattet und können Patienten in manchen Fällen gar nicht behandeln oder haben die benötigten Medikamente nicht vorrätig. Aufgrund dessen kommen täglich Patienten mit unterschiedlichen medizinischen Anliegen zu MASO (Malawi Aids Support Organization). Dabei beraten wir uns dann meistens über WhatsApp mit den Ärzten in Deutschland über die weitere Behandlung und Versorgung der Patienten.

Ein weiteres Problem für die Bevölkerung sind die stetig steigenden Preise. Das Land ist stark von der Landwirtschaft abhängig, die meisten Menschen leben als Kleinbauern und betreiben Subsistenzlandwirtschaft. Um die Felder zu bestellen benötigt es Dünger. Ein Sack Dünger ist innerhalb des letzten Jahres allerdings von umgerechnet 18 Euro auf mittlerweile 60 Euro gestiegen. Infolgedessen ist der Preis von einem Sack Mais (das Hauptnahrungsmittel in Malawi) innerhalb eines Jahres von umgerechnet fünf auf 25 Euro geklettert. Bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 30 Dollar (Stand 2018) führt das für viele Familien zu leeren Vorratskammern und folglich zu leeren Mägen (etwa 18 Prozent der Bevölkerung gelten nach Angaben der Weltbank als unterernährt, fast 40 Prozent der Kleinkinder leiden aufgrund chronischer Mangelernährung unter Wachstumsverzögerungen).

Um diesem Problem entgegenzuwirken, gibt es bei MASO ein Feeding-Programm, bei dem wir zweimal im Monat das Gewicht der Patienten erfassen und sie mit einem Sack voll Essen versorgen. Der typische Arbeitstag endet dann meistens gegen 16 Uhr.

Um meine Freizeit nach der Arbeit zu füllen, bin ich einem Fußballteam aus meinem Dorf beigetreten, welches von Montag bis Freitag trainiert und am Wochenende Spiele organisiert. Das ist allerdings leichter gesagt als getan: Viele meiner Mitspieler besitzen keine Fußballschuhe, das Team besitzt lediglich einen alten Ball und keine Trikots. Wie so oft in Malawi arrangiert man sich dann einfach mit der Situation, anstatt in Fußballschuhen wird in Flip-Flops oder ohne Schuhe gespielt und anstatt eines echten Fußballs schnürt man alte Plastiktüten um einen Luftballon und das Problem ist, zumindest für ein paar Stunden, gelöst. Das Fußballspielen bereitet mir extrem viel Spaß, da man durch das Miteinander im Team mit den Leuten deutlich näher in Kontakt tritt als durch das reine Arbeiten vor Ort und man somit in das Dorfleben deutlich besser integriert wird. Ansonsten verbringe ich den Rest meiner Freizeit mit meinen Gastgeschwistern oder meinem Mit-Freiwilligen, der bei mir in der Nähe in einer Palliativklinik arbeitet. Meistens spielen wir dann mit den Kids aus dem Dorf verschiedene Gesellschaftsspiele. Aus welchem Grund auch immer fahren die Kids hier völlig auf Uno ab und somit fällt die Wahl fast immer auf Uno. Die Wochenenden nutzen mein Mit-Freiwilliger und ich dann meisten für kleine Reisen, wie zum Beispiel der Besuch eines Musikfestivals im Flüchtlingslager Dzaleka. Das Lager entstand 1994 während des Genozids in Ruanda und Burundi und war ursprünglich für 12 000 Menschen geplant, beherbergt mittlerweile allerdings über 55 000 Menschen aus den verschiedensten Konfliktherden Ostafrikas. Während des Festivals waren wir bei dem 26-jährigen Kongolesen Othniel untergebracht, der uns herzlich aufnahm und uns die verschiedenen Kulturen, die im Camp zusammenfließen, näherbrachte. Besonders begeistert waren wir von dem ostafrikanischen Fladenbrot „Chapati“, was zur Folge hatte, dass wir uns das gesamte Wochenende nur davon ernährten.

Felix Fischer mit dem gesamten Team der Malawi Aids Support Organization in Chenyama.

Wegen unseres Visums müssen wir alle drei Monate aus- und wieder einreisen, um dieses zu erneuern. Dies bietet immer eine gute Möglichkeit, neben Malawi auch die Nachbarländer zu bereisen und somit haben wir Ende November einen zehntägigen Sambiaurlaub gemacht. Dabei sind wir mehrere Tage den Lower Zambezi River auf einem Kanu hinuntergepaddelt und haben die Tierwelt inklusive Hippos, Krokodilen, Elefanten und Löwen einmal aus nächster Nähe betrachten können, teilweise auch näher als uns recht war.

Für das gesamte Jahr meines Freiwilligendienstes bin ich in einer sehr herzlichen Gastfamilie untergebracht. Dort lebe ich zusammen mit meiner Gastmama Esther (51), meinem Gastvater Jack (55), meinem Gastbruder Willey (15), meiner Gastschwester Jeanny (28) und seit September mit Jeannys drei Monate alter Tochter Ariane unter einem Dach.

Zusammen mit ihnen und meinem Mitfreiwilligen Manu werden wir am 25. und 26. Dezember Weihnachten feiern. Dabei geht es hauptsächlich um den 26. Dezember, den sogenannten „Boxingday“. An diesem Tag kommen normalerweise die jungen Leute aus den Großstädten zurück zu ihren Familien in die Dörfer. Morgens geht es dann zusammen in die Kirche, die grundsätzlich eine ziemlich wichtige Rolle im Leben der Menschen hier spielt. Viele Leute besuchen jeden Sonntag den Gottesdienst, der dann auch gerne mal mehrere Stunden geht und in dem das Tanzen und Singen eine zentrale Rolle spielt. Dies durfte ich ebenfalls schon erleben, da meine Familie allerdings den Siebenten-Tags-Adventisten angehört, fiel der Gottesdienst auf einen Samstag. Nach dem Gottesdienst am „Boxingday“ kommt dann die ganze Familie zusammen und es wird gegessen. Dabei gibt es als Hauptspeise das malawische Nationalgericht „Nsima“, ein Maisbrei, der traditionell mit der rechten Hand gegessen wird. Ob Dorfbewohner oder Präsident, „Nsima“ gibt es in jeder malawischen Familie mindestens einmal am Tag zu essen.

An festlichen Tagen oder Zeremonie, wie zum Beispiel Weihnachten oder Hochzeiten, gibt es dazu meistens Hühnchen oder Ziege und Krautsalat. Als Nachtisch gibt es anstatt Plätzchen und Schokoweihnachtsmännern frische Mangos und Zuckerrohr. Zuckerrohr ist ein verbreiteter Snack in Malawi, man isst es, indem man zuerst die harte Schale mit den Zähnen entfernt und anschließend den Zuckersaft aus dem weichen Innern heraussaugt.

Nach dem Festmahl fahren dann die Jüngeren der Familie nach Senga Bay an den Malawisee und verbringen den Rest des Tages mit Baden und Sonnen am Strand.

Da mein Weihnachtsgruß sich nun dem Ende zuneigt, möchte ich auch noch mal jedem jungen Menschen die Möglichkeit eines Freiwilligendienstes nahelegen. Durch das Leben in der Gastfamilie und die Arbeit im Dorf gibt es meiner Meinung keine bessere Möglichkeit, in eine andere Kultur einzutauchen und selbst Teil dieser zu werden.

Wer sich selbst einmal in einer freien Minute über die Arbeit der Malawi Aids Support Organization informieren möchte, kann dies über www.maso-germany.de tun. Die Arbeit der Ärzte ist ehrenamtlich und der Verein finanziert sich hauptsächlich über Spenden.

Auch wenn bei 35 Grad im Schatten ehrlich gesagt keine wirkliche Weihnachtsstimmung aufkommt, freue ich mich trotzdem die Feiertage, zusammen mit meiner Gastfamilie im warmen Herzen Afrikas zu verbringen. Christmas ya bwino ndi chacka cha tsopano – habt ein fröhliches und vor allem gesundes Weihnachtsfest!

Bis bald

euer Felix Fischer

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