NÜRTINGEN. Nach dreieinhalb Jahren im Amt hat sich die Dekanin Christiane Kohler-Weiß auf der Eckbank im Kroatenhof vorgestellt. Mit großem Interesse und Aufmerksamkeit folgten die Anwesenden dem Gespräch mit der Moderatorin Anneliese Lieb.
Die gebürtige Freudenstädterin sprüht vor Lebensfreude und Energie. Nach der Mitgestaltung der Feierlichkeiten zum Lutherjahr 2017 beim Oberkirchenrat in Stuttgart, wo sie viel bewegen konnte, und einer Stelle im evangelischen Bildungswerk, bewarb sie sich als Dekanin. Das versprach mehr Gestaltungsspielraum als bei einer Stelle als Gemeindepfarrerin, wie sie mehrfach in ihrer Karriere innegehabt hatte. Sie konnte gleich zwischen mehreren Orten wählen, wo Sie als Dekanin tätig werden wollte. Was hat sie nach Nürtingen gezogen? Die Kollegialität und die gut aufgestellte Verwaltung haben neben dem lebendigen Stadtgeschehen und der wunderschönen Umgebung den Ausschlag gegeben. Sie genießt es, mit ihrem Mann, der seit 2021 als Pfarrer in Neckarhausen-Raidwangen arbeitet, in der Nürtinger Innenstadt zu wohnen. Die beiden haben drei Kinder, die bereits ausgezogen sind.
Anneliese Lieb hatte noch als Redaktionsleitung der Nürtinger Zeitung ihren Beginn in Nürtingen begleitet. Besonders in ihrem Gedächtnis waren ihr noch Kohler-Weiss‘ Wunsch nach Mut zur Innovation und Experimentierfreude. Wie kann dieser in der Praxis aussehen? Die jetzige Situation in der evangelischen Kirche ist durch zwei große Herausforderungen geprägt. Diese sind die finanziellen Einbußen durch den Mitgliederschwund, für den der demographische Wandel und die Kirchenaustritte verantwortlich sind, und der Mangel an Pfarrerinnen und Pfarrern. Beidem muss man mit Mut zur Innovation begegnen und auch in Nürtingen wird dies zu großen Veränderungen führen. Die vier Stadtkirchengemeinden werden zu einer Gemeinde fusionieren und statt jetzt vier Pfarrstellen wird es nur noch zwei geben.
Werden die Ehrenamtlichen dann mehr Aufgaben übernehmen müssen? Die Hoffnung von Kohler-Weiß ist es, dass die Ehrenamtlichen vermehrt nur Tätigkeiten übernehmen, die ihren Wünschen und Vorstellungen entsprechen und sich weniger mit Verwaltung und Bauwesen beschäftigen müssen. Des Weiteren werde zunehmend mit Prädikanten gearbeitet. Das sind Laien, die nach einer zweijährigen Ausbildung Gottesdienste übernehmen können.
Die Experimentierfreude, die Kohler-Weiss besonders am Herzen liegt, lebt aber mehr in neuen Formen des Gottesdienstes, wie zum Beispiel in den Tauffesten, von denen auch drei in Nürtingen stattgefunden haben. Bei einem Tauffest in Wendlingen gab es sogar 40 Täuflinge.
Was gibt ihr die Kraft, ihr großes Aufgabenpensum zu erledigen? Ganz besonders wichtig ist ihr das Singen. Sie singt in der Nürtinger Kantorei und warb gleich für das diesjährige Konzert mit dem Weihnachtsoratorium von Bach am 8. Dezember. Schon in Freudenstadt hatte sie im Chor gesungen und während ihres Studiums lernte sie im Tübinger Kammerchor ihren Mann kennen.