NÜRTINGEN. Auf Einladung der VHS und des „AK Frieden in der Einen Welt“ entfaltete Uli Jäger von der „Berghof Foundation“ im Dialog mit Rainer Nübel seine „Friedenspädagogische Denkanstöße in Zeiten des Krieges“.
„Wenn Menschen aktuell von Krieg und Gewalt betroffen sind, fällt es schwer, über Wege zum Frieden nachzudenken. Es kann aber auch Mut machen und Kräfte freisetzen.“ Ganz in diesem Sinne wirkten die Worte von Uli Jäger in diesem Zukunfts-Talk, der einen glanzvollen Abschluss der diesjährigen „Nürtinger Friedenswochen und Eine Welt Tage“ bildete.
Friedenspädagogik setzt auf drei Ebenen an. Auf der Mikro-Ebene bedeutet es für Uli Jäger, dass sich das Individuum damit auseinandersetzt: „Wer bin ich? Wer schätzt mich wert?“ Friedenspädagogik will die Einzelnen ermutigen, fordert aber auch dazu auf, sich zu schützen, „ohne Selbstfürsorge kann man keine Identität als Friedensstifter finden.“ Er plädiert dafür, sich auszutauschen über die eigenen und anderen Haltungen. Das bedeutet nicht, nur Gemeinsamkeiten zu suchen, vielmehr sich kontrovers auseinanderzusetzen, gar zu streiten. „Wir sollen uns mit Dilemmata beschäftigen“, so Uli Jäger. Wobei es wichtig sei, seinen inneren Frieden zu finden.
Voraussetzung, sich bereichernd auseinanderzusetzen, sieht Uli Jäger darin, Räume anzubieten – auch geschützte Räume – für kontroverse Diskussionen und dafür, unterschiedliche Erfahrungen zu teilen. Den Friedensbewegten in Nürtingen empfiehlt er, zukünftig kontinuierlich zu überlegen: Wo können zu welchen Themen Treffen vereinbart werden?
Eine besondere Aufgabe sieht er darin, einen systematischen Austausch zwischen den Generationen zu ermöglichen. Von seiner friedenspädagogischen Arbeit in Schulklassen weiß Uli Jäger, dass Jugendliche Erfahrungen der Älteren hören wollen. Für zukünftige Friedenswochen könnte ein Format entworfen und angeboten werden, in dem Generationen sich austauschen über ihre Erfahrungen und Haltungen. So könnten beispielweise Jugendliche als digitale Lehrmeister gemeinsam mit Erwachsenen einen kritischen Blick auf Quellen und ihre Desinformationen legen und produktiv damit umgehen. Diesbezüglich sieht er einen zivilgesellschaftlichen Auftrag darin, auf Schulen zuzugehen.
Ebenfalls braucht es die Bereitschaft zum Dialog auf der Meso-Ebene, der gesellschaftlichen. Uli Jäger wehrt sich vehement gegen die Rede von der Polarisierung in unserer Gesellschaft. Er meint dagegen: „Wir haben einen großen Konsens, ein Grundkonsens ist da.“
Auf der internationalen Ebene muss „Frieden als Leitwert und Prozess stehen. Prozess verstanden als ein Prozess von abnehmender Gewalt und wachsender Gerechtigkeit. Dies gilt es als Messlatte zu nehmen – auch weltpolitisch“, so Uli Jäger