Nürtingen

Energiewende – Herausforderungen und Chancen

Beim Vortrag im Glashaus im Nürtinger Rathaus. Foto: Anne Haasis

NÜRTINGEN. Komplett überfüllt war vor Kurzem die Glashalle im Nürtinger Rathaus. Das Interesse an der Veranstaltung der Stiftung Ökowatt mit dem Titel: „Strom: Im Sommer manchmal zu viel – im Winter manchmal zu wenig?“ war riesig. Gerhard Schwenk, Vorstand der Stiftung Ökowatt, begrüßte über hundert Gäste.
An diesem Abend ging es um die Fragestellung: Was tun mit dem Solarüberschuss an sonnigen Tagen – und reicht der Strom an kalten Wintertagen bei der Umstellung auf Wärmepumpen und Elektromobilität?
Weil es eine Schwemme an kostengünstigen Solarmodulen aus China gibt und die Ampel eine Reihe bürokratischer Hemmnisse beim Umstieg auf erneuerbare Energien aus dem Weg geräumt hat, sind in den letzten beiden Jahren in Deutschland so viele Photovoltaikanlagen gebaut worden wie nie zuvor. Mit diesen etwa 33 Gigawatt an Solarleistung kann eine Strommenge erzeugt werden, die vier Atomkraftwerken entspricht. Und dies in nur zwei Jahren.
Michael Klesse, Abteilungsleiter Strom bei den Nürtinger Stadtwerken, zeigte auf, dass dieser Boom auch in Nürtingen angekommen ist. Mit 25 Megawatt Ende 2024 entspricht die Leistung aller PV-Anlagen in etwa der normalen Maximallast in Nürtingen. Wenn der Solarboom so weitergeht, stellt sich die Frage: Was tun mit dem Solarüberschuss an sonnigen Sommertagen? Da kommt Tobias Hehr, Abteilungsleiter Wärme und Innovation bei den Stadtwerken, ins Spiel. Mit dem Solarüberschuss könnte in den Nürtinger Nahwärmenetzen Wasser erhitzt werden, das auch im Sommer für die Warmwasserbereitung gebraucht wird. Dadurch kann Erdgas ersetzt und eingespart werden.

Hehr stellte daneben auch den aktuellen Stand der Wärmeplanung für die Nürtinger Innenstadt vor. Der dritte Experte des Abends war Klaus Mertel, Projektleiter für Netzausbau bei der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA). Seinen Beitrag kann man so zusammenfassen: Alles wird elektrisch, das heißt, Strom wird in Zukunft auch für Wärme und Mobilität der wichtigste Energieträger, genannt Sektorenkopplung. Das früher zentrale Stromnetz wieder immer mehr dezentral, das heißt der Strom fließt in alle Richtungen und vernetzt die Verbraucher untereinander. Künftig wird Strom je nach Angebot und Nachfrage unterschiedlich viel kosten. Wenn sie wollen, können Betriebe und Haushalte ihren Stromverbrauch auf diese Preissignale anpassen. Bei Stromknappheit im Winter müssen Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme für die Nahwärme liefern, flexibel die Stromlücken füllen. Darüber hinaus gibt es derzeit einen regelrechten Boom bei der Installation von Stromspeichern in ganz Deutschland, da diese Speicher immer billiger werden.

Otmar Braune, der die Veranstaltung moderierte, wies am Schluss darauf hin, dass die heutigen Probleme der Energiewende Probleme des Übergangs in ein neues Energiezeitalter sind. Am Ende, im Jahr 2045, habe Deutschland das modernste und kostengünstigste Energiesystem Europas. Eine gelungen Energiewende wäre Vorbild für Klimaschutz und könnte ein Exportschlager werden. Weitere Infos unter www.oekowatt.

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