Neckartailfingen

Die Damen singen Mozart: Großartige Konzerte

Konzert in der Martinskirche: v.l.n.r. Malin Panteleit (Mädchensopran), Susanne Böbel (Viol.), Carola Ebert (Viol.), Konstanze Liebeskind (Cello), Susanne Dünnebier (Leitung), Reinmar Wipper (Orgel). Foto: Bertram Seifert

NECKARTAILFINGEN. Was alles hätte Wolfgang Amadeus Mozart noch schaffen können, wäre er nicht bereits mit 35 Jahren gestorben? Müßige Frage, denn bis da hatte der Meister bereits Werke so makelloser Vollendung komponiert, die Steigerungen ohne Abweichung kaum denken lassen.
Zwei dieser Werke sind kürzlich von Susanne Dünnebier mit ihrem Chor-Ensemble „Die Damen“ in der hiesigen Versöhnungskirche und tags zuvor in der Neckartailfinger Martinskirche aufgeführt worden: das überirdische „Ave Verum Corpus“ und die Missa Brevis KV 275 in B-Dur. Die Bearbeitung der Vierstimmigkeit für gleiche Frauenstimmen nahm der musikalischen Substanz nichts und eine minimalistische Instrumentalgruppe machte das Werk filigran durchsichtig. Es heißt, Mozart sei vom Salzburger Bischof gerügt worden, seine Messen seien zu üppig, sie dominierten das liturgische Geschehen rund um den Altar; er solle sich kürzer fassen. Prompt verdichtet der damals 18-jährige Schlingel Gloria und Credo, verzichtet auf die üblichen Schlussfugen und handelt lediglich die Lobpreisungen und die Glaubenssätze ab. Die bewegte Vielfalt der musikalischen Einfälle wird dennoch den theologischen Statements bildhaft gerecht. Besonders beeindruckend das „Et incarnatus est“, vom Solo-Terzett des Chores hinreißend emotional zelebriert.
Mozart schenkte stattdessen den Ordinariumstexten des Sanktus, Benediktus und Agnus Dei eine zu ihrer Zeit neuartige gefühlsbetonte Breite. Offensichtlich hat er schon als Jüngling dem „Heilig“, „Segen“ und „Lamm Gottes“ sein Herz eher geöffnet als den katechetischen Sätzen und theologischen Artikeln von Gloria und Credo. Emotion und Transzendenz, samt einem Dona nobis pacem in Gassenhauermanier, nimmt die Herz-Jesu-Bewegung der Romantik vorweg und hat doch dazu geführt, dass das Opus KV 275 der Amtskirche erst einmal wenig brauchbar schien.
Susanne Dünnebier hatte mit mehreren Sätzen aus Mozarts kirchenmusikalischem Schaffen auf die grandiose Messe hingeführt: Jubilate, Laudate Dominum, Alleluia, Ave Maria, jeweils glasklar musikalisch gestaltet durch den exquisiten Chor der Damen, stimmlich, dynamisch und gestalterisch hochklassig. Dreizehn Sängerinnen verschmelzen kongenial mit ihren drei Solistinnen: Stefanie Schmid (Sopran), Anneli Contag (Mezzosopran) und Anne Koppenburg (Alt). Erste unter Gleichen, ein seltenes Phänomen in der hiesigen Chorlandschaft. Begleitet und getragen wurde der Chor durch ein fabelhaft einfühlsames und sicheres Streicher-Trio mit Susanne Böbel und Carola Ebert (Violinen), Konstanze Liebeskind (Cello) und Reinmar Wipper an der Orgel. Als seltenen Höhepunkt im ersten Programmteil präsentierte die Dirigentin ihre erst elfjährige Gesangsschülerin Malin Panteleit in der Arie „Tu virginum Corona“. Ein frappierender Hochgenuss einer Sonderbegabung mit enormer stimmlicher Kraft aus der Kehle eines zierlichen Persönchens, das sicherlich Großartiges vor sich hat. Ein dankbares Publikum entließ nach beiden Aufführungen die Künstlerinnen mit lang anhaltendem Beifall.

Zur Startseite