NÜRTINGEN. Kürzlich gab der Kammerchor Schola Cantorum ein beachtenswertes Konzert in der Kreuzkirche. Wie immer gab der Dirigent Herbert Kampmann seinem Konzert ein Motto, hier: Schola Dinner. Mit einer pfiffigen Banquet Fugue startete das Ensemble, mal schmatzend, mal schlürfend in einem barocken Fugato. Danach verwandelte sich der Chor in ein italienisches Opernensemble und sang den „Italian Salad“ in expressiver Manier und interpretierte adäquat 68 dynamische Musikbegriffe wie forte, crescendo und weitere. Nebenbei gab sich der Dirigent als sonorer Solo-Bariton aus, der mal rezitativisch, mal arios gekonnt den Chor stimmlich führte. Brillant, wie der Dirigent den Chor in der Stretta am Schluss zu einem furiosen Fortissimofinale motivierte.
Kampmanns Konzerte werden nicht nur gesungen, sondern er überrascht sein Publikum stets mit immer neuen Einfällen. Die „Goslings“ (Gänschen) ließ er in einem Anspiel lebendig werden und die „Mermaid“ (Meerjungfrau) besang er vorab in einem originellen Bänkelsang. Herrlich dabei auch die Idee, die „Rule Britannia“ im Refrain mit englischer Fahne singen zu lassen. Und der Chor zeigte, dass es sogar ganz ohne Töne geht. In der Kantate für Papiertüte gelang dies rein gestisch mit abschließendem effekthaschenden Zerplatzen der aufgeblasenen Tüte. Den ersten Programmteil beendete der Chor dann mit einem beschwingten „Tequila Samba“, den der Dirigent mit einer sehenswerten leichten Choreographie versah, die der Chor mit viel Spaß und lateinamerikanischem Rhythmusgefühl präsentierte.
Nach der Pause erklangen teils spätromantische Chorsätze, die der Chor mit weichem Timbre sang, wobei auch seine Tochter Jana Kampmann gekonnt ihr Dirigentendebüt absolvierte. Teils hatte Kampmann aber auch wieder kuriose Chorsätze gefunden, wie den postapokalyptischen Easy-Day-Song, wo der Chor teils wie eine Kreissäge singen muss, um dann doch wieder kurzfristig in einen popähnlichen Refrain zu verfallen. Hier zeigte sich einmal mehr die Wandlungsfähigkeit des Kammerchores, der dies souverän interpretierte. Kampmann schien an diesem Abend in allen möglichen Ensembles teilzunehmen, so auch in der Männergruppe, die süffisant alte Schlager zum Erklingen brachte. Genial dabei auch Kampmans musikalische Interpretation von Reiner Kunzes Gedicht „Die Bringer Beethovens“, wo er Kunzes Gedicht mit Beethovens 5. Sinfonie kombinierte.
Der Dirigent hatte sich mit diesem Konzert ein Highlight zu seinem 40. Dirigentenjubiläum gesetzt und konnte sich auf seinen gut vorbereiteten und motivierten Kammerchor verlassen. Das Publikum in der gut besetzten Kreuzkirche honorierte das mit kräftigem Applaus und der Forderung nach einer Zugabe, die der Kammerchor gern gab.