Leserbriefe

Selbstherrlichkeit und Arroganz

Hellmut Kuby, Nürtingen. Zum Artikel „Typisch Merkel“ vom 15. März. Es gibt Ereignisse wie das Atom-Moratorium, die müssten sogar unpolitischen Menschen die Augen öffnen. Die kritische Einstellung der deutschen Bevölkerung zur Kernenergie und die positive zu alternativen Energien hatten unter Rot-Grün zu dem Beschluss geführt, die Kernenergie in mehreren Schritten durch andere Techniken zu ersetzen. Für die Zustimmung der Menschen zum Ausstieg spielten die akuten und die langfristigen Gefahren als Folge eines fehlenden Endlagers die entscheidende Rolle.

Bis vor fünf Tagen wurden von den Politikern der Regierungsparteien alle wissenschaftlich begründeten Bedenken gegen die Kernenergie mit einer unglaublichen Arroganz als Angstmache verhöhnt, der Ausstiegsbeschluss widerrufen, die Laufzeiten (weit überzogen: Neckarwestheim I bis 2018, Nr. II bis 2036) verlängert und dabei von Brückentechnologie geschwätzt. Wer das nicht richtig verstanden hat, dem hat Herr Molitor in unserer Zeitung Nachhilfe-Unterricht erteilt. Dass die Atomlobby dahintersteckt, die an der Verlängerung Milliarden verdient, wurde natürlich als Verleumdung bezeichnet. Und nun, nach den Ereignissen in Japan? Es ist nicht zu fassen: Dass die Politiker von Merkel über Mappus und Goll bis Gönner sich nicht dafür schämen, was sie uns mit ihrem angeblichen Gesinnungswandel zumuten. So viel Selbstherrlichkeit hätte nicht einmal ich ihnen zugetraut. Leute, die die Gefahren der Kernenergie bis vorgestern kleingeredet haben („Unsere AKWs sind absolut sicher“) und denen wir jetzt ihre Betroffenheit und ihre Fürsorglichkeit abnehmen sollen, sind entweder dumm oder zynisch.

Es ist an der Zeit, dass die zur Wahl Aufgerufenen, das sind wir Steuerzahler, ihre Macht – es ist eine – wahrnehmen und unglaubwürdige Politiker abwählen –, auch wenn die, die dann eventuell regieren, nicht grundsätzlich besser sind. Es geht darum: Politiker müssen lernen, dass sie für ihr Verhalten bestraft werden, wenn sie die Menschen, die ihnen anvertraut sind, für deren Wohl sie verantwortlich sind beziehungsweise verantwortlich sein sollten, nicht ernst nehmen.

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