Herbert Schölch-Heimgärtner, Neuffen. Zum Artikel „Sollen Kassenpatienten 2000 Euro selbst zahlen?“ vom 23. Januar.
Wenn es um die Zukunft des Sozialstaates geht, wähnt man sich gelegentlich am Laufsteg für die asozialsten Ideen. Stefan Wolf, Metall-Arbeitgeberpräsident, will die Rente erst ab 70, die FDP setzt auf eine aberwitzige „Kapitalrente“ als weiteren Irrweg nach Riester- und Rürup-Rente, Steffen Kampeter beklagt, es sei „Mehr Bock auf Arbeit“ nötig (Bock auf bessere Bezahlung und gute Menschenführung sind nicht sein Thema), und nun schlägt noch Wirtschaftsprofessor Raffelhüschen vor, Kassenpatienten sollten künftig mit 2000 Euro Selbstbeteiligung zusätzlich zur Kasse gebeten werden: „Wir können uns das System nicht mehr leisten.“
Auffällig ist die skrupellose Einfalt, mit der Lobbyisten großmäulig Zumutungen formulieren, die sie als Bessergestellte nie betreffen würden – ohne auch den geringsten Gedanken daran zu verschwenden, wie das Sozialsystem sozial und zukunftsfähig gestaltet werden kann und muss. Die Vorschläge dazu gibt es (zum Beispiel von attac/Ökumenisches Netz in Deutschland, oder Borchert/Eißel), wobei die SPD etwa sich leider sehr oft im Plakativen gefallen hat, ohne zu erarbeiten, was sie mit einer „Bürgerversicherung“ meint und was sie dafür zu tun bereit ist.
Nur wer über Legislatur-Grenzen hinauszudenken wagt, wird davon abkommen, weiterhin tote Pferde zu reiten – wer also die verschiedenen Sparten-Versicherungen für Rente und Gesundheit in eine für alle verpflichtende Bürgerversicherung, mit Anspruchsbegrenzung nach oben, zusammenzuführen bereit ist sowie die unsozialen „Bemessungsgrenzen“ abzuschaffen wagt, mit denen Privilegierte zusätzlich verschont werden.
Wir brauchen keine Böcke, die sich zu Gärtnern erklären, aber lediglich unappetitliche Duftmarken setzen. Wir brauchen Politiker mit Mut, sozialem Gespür und Verantwortung, die Probleme endlich erkennen und auch angehen, die nicht unsinnige „Lösungen“, geboren aus schierer Denkfaulheit, in Umlauf setzen – quasi ein Rodeo mit toten Pferden. Denn was man jetzt in diesem Sinn auf den Weg bringen muss, braucht immer noch deutlich mehr als ein Jahrzehnt des Übergangs, bis es greift. Unterlässt man es jetzt, vergeht man sich ein weiteres Mal an der jungen Generation und ihrer Zukunft.
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