Stefan Freemann, Nürtingen. Zum Leserbrief „Bürgergeld macht Arbeit unattraktiv“ vom 28. September.
Vor genau einem Jahr hat Herr Kunzmann in einem Leserbrief das damals noch geplante Bürgergeld abqualifiziert mit Hinweis auf die angeblich negative Auswirkung auf die Arbeitsbereitschaft von Sozialleistungsbeziehenden beziehungsweise dem angeblichen Anreiz für geflüchtete Menschen, es sich aus rein wirtschaftlichen Gründen im deutschen Sozialleistungssystem bequem zu machen. Nun wiederholt Herr Kunzmann seine schon damals nicht zutreffenden und den Sozialneid nach unten schürenden Argumente. Er schmückt sie dazu noch gegen Nichtdeutsche aus und erweitert den Sozialneid um eine weitere Stufe nach unten.
Wiederholungen machen falsche Aussagen nicht richtig.
Erwerbstätige erhalten unter voller Ausschöpfung aller Leistungsansprüche immer mehr als Bürgergelderhaltende in derselben Familienkonstellation. Dafür sorgen Zuverdienstregeln, Grundfreibetrag für Erwerbseinkommen und gestaffelte Freibetragssätze beim Bürgergeld. Staatliche Leistungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag erhalten Geringverdienende, aber nicht Bürgergeld-Beziehende. Kindergeld wird vom Jobcenter sofort wieder abgezogen.
Neueste Zahlen vom WSI-Institut der Hans-Böckler-Stiftung: Ein Single, der in Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, hat ab 2024 im Monat 532 Euro mehr zur Verfügung als ein Mensch in vergleichbarer Konstellation, der nur vom Bürgergeld lebt. Eine vierköpfige Familie mit einem Vollzeitverdiener zum Mindestlohn hat bis zu 634 Euro mehr als ein vergleichbarer Haushalt im Bürgergeldbezug.
Arbeit lohnt sich, auch noch 2024. Denn die relativ deutliche Anhebung der Regelsätze zum Jahr 2024 ist eine Folge der Inflation. Die Debatte über die zu hohen Sozialleistungen, die angeblich Menschen zur Faulheit verleiten und Mindestlöhner mit Vollzeitjob als Trottel dastehen lassen, lässt eines außer Acht: Mit dem Anheben der Regelsätze steigen auch die Ansprüche von Erwerbstätigen auf aufstockendes Bürgergeld. Herr Kunzmann verschweigt, hinsichtlich der 3,9 Millionen Euro erwerbsfähigen Sozialleistungsempfänger, dass sich darunter eine Million sogenannte „Aufstocker“ befinden, also Menschen, die in Arbeit sind und deren Einkommen nicht für das sozialrechtliche Existenzminimum ausreicht.
Wenn Herr Kunzmann die Differenz zwischen Mehrbetrag durch Arbeit und Sozialleistungsbedarf für Erwerbslose zu gering ist, wäre es besser, mehr Verdienst durch Arbeit als die Reduzierung von Sozialleistungen zu fordern und Sozialneid zu schüren.
Leserbriefe | 02.08.2025 - 05:00
Kein Verständnis für Neubebauung
Marion Behrens, NT-Neckarhausen. Zum Leserbrief „Wohnraum ja - aber mit Augenmaß“ vom 28. Juli.
Ich möchte mich dem Leserbrief von Jochen Müller aus NT-Neckarhausen zur Überbauung des ehemaligen Schulhofs vollständig anschließen. Ich war ebenfalls ...
Leserbriefe | 02.08.2025 - 05:00
Selbstkritik statt Schuldzuweisung
Maike Pfuderer, Stuttgart. Zum Leserbrief „Note Fünf für Landesregierung“ vom 28. Juli.
Wenn Herr Hartmann in sozialdemokratischer Tradition auf die Landesregierung eintritt, dann ignoriert er, dass auch zwei Menschen aus seiner Partei, darunter der ...