Leserbriefe

Eine blamable Situation

Jochen Findeisen, Schlaitdorf, Pressesprecher Die Linke, Kreisverband Esslingen. Zum Artikel „Harms geht in Ruhestand“ vom 1. Oktober. Der Generalbundesanwalt spielt im Rechtsleben unseres Staates eine sehr wichtige Rolle. Zurzeit amtiert nach der Verabschiedung der bisherigen Amtsinhaberin Frau Harms als Leiter der Bundesanwaltschaft nur eine „Notbesetzung“. Die Vorgeschichte dieser blamablen Situation zeigt, dass für die CDU-FDP-Koalition parteipolitischer Kuhhandel wichtiger ist als ordnungsgemäße Besetzung und Funktionsfähigkeit höchster Staatsämter.

Die CDU-Kanzlerin Merkel wollte die Leitung des Bundesfinanzhofes mit dem CDU-Mann Mellinghoff besetzen; dafür hätte die FDP-Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger die frei werdende Position des Generalbundesanwaltes mit dem FDP-Mann Schmalzl besetzen dürfen. Der amtiert zurzeit als Regierungspräsident in Stuttgart. Er ist bisher allenfalls durch widerwärtige Trittbrettfahrerei aufgefallen. So benutzte er den schrecklichen Amoklauf in Winnenden, um mit der kriminologisch unhaltbaren Aussage „jede Waffe im privaten Besitz weniger erhöht die öffentliche Sicherheit“ auf sich aufmerksam zu machen. Zu Recht wurde von in der Strafrechtspflege tätigen Juristen in Zweifel gezogen, ob der Verwaltungsjurist Schmalzl für das Amt des Generalbundesanwalts die nötige Qualifikation und Erfahrung mitbringen würde.

Schmalzl trat von seiner Bewerbung zurück. Die Suche nach einem neuen Kandidaten läuft. Der ehemaligen DDR wird nachgesagt, dass dort der Besitz des „richtigen“ Parteibuchs für das berufliche Vorwärtskommen oft wichtiger gewesen sei als berufliche Erfahrung, Kenntnisse und Fähigkeiten. Es ist erstaunlich, dass das Vorgehen der Damen Merkel und Leutheusser-Schnarrenberger nicht diejenigen zu lauter Kritik veranlasst, die zum Beispiel der Linken dauernd unterstellen, diese wolle hierzulande Verhältnisse wieder einführen, wie sie einmal in der DDR geherrscht hätten.

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