Leserbriefe

Die Mühen der echten Doktorarbeit

Dr. Hong-An Duong, Neckartenzlingen. Zum Artikel „Akademische Schatten“ vom 28. Februar. Man muss sich glücklich schätzen, in einem Land wie Deutschland leben zu dürfen. In einem Land, in dem ein mächtiger Politiker wie Herr (Dr.) Karl-Theodor zu Guttenberg wegen seiner Vergehen kritisiert werden kann. Man hat ihn aufgefordert zurückzutreten. Seine Universität hat ihm seinen Doktortitel aberkannt. Trotzdem ist er noch fest im Sattel.

In vielen anderen, vor allem in undemokratischen, unfreien Ländern ist so etwas überhaupt nicht denkbar. Einem droht schon Gefängnisstrafe, wenn er es wagt, ein hochrangiges Regierungsmitglied des Betrugs zu bezichtigen. In Vietnam ist es ein offenes Geheimnis, dass jemand, der eine hohe und sehr gut vergütete Position im Regierungsapparat anstrebt, außer seiner Zugehörigkeit zur KP auch einen akademischen Titel, sei es ein Master- oder gar ein Doktor-Titel, vorweisen muss.

Die Vietnamesen staunen, dass sich manche Beamte von heute auf morgen mit einem Doktortitel schmücken können. Sie nennen solche Promovierten „Papier-Doktoren“, im Sinne der sogenannten Papiertiger. Kein einziger Normalsterblicher in Vietnam traut sich offen zu fragen, geschweige denn zu recherchieren, wo und wie diese Herren Doktoren studiert und promoviert haben. Andererseits erweckt die Berichterstattung über die zu-Guttenberg-Affäre sowie die Rechtfertigung der Bundesregierung den Eindruck, als ob die Doktoren in Deutschland in der Regel abschreiben würden. Im Gegenteil, die Promovierten haben ihren Doktor-Titel ehrlich verdient.

Die Kollegen, die zur gleichen Zeit mit mir an der Uni studierten und promovierten, haben mit großem Fleiß und Mühe, teilweise mit erheblichen finanziellen Problemen, ihre Promotion zu Ende gebracht. Mit dem Gehalt einer wissenschaftlichen Hilfskraft von damals etwa 500 DM konnte sich keiner die Hilfe einer wissenschaftlichen Beratung, etwa die des Bundestages, leisten. Um zu wissenschaftlichen Daten zu gelangen, mussten wir mühsam Bücher und Zeitschriften in der Bibliothek durchwühlen. Und wenn wir diese Daten in unserer Arbeit zitierten, vergaßen wir nicht, die genaue Quelle anzugeben. Jeder Doktorand ist dazu verpflichtet.

Die Bevölkerung außerhalb des Unibetriebs kann sich kein Bild machen, wie mühsam es ist, eine Doktorarbeit zu schreiben. Es ist deshalb höchst bedauerlich, dass die Doktoren, die sich ihren Titel auf ehrliche Weise erarbeitet haben, mit Herrn zu Guttenberg in einen Topf geworfen werden. Ihnen hat zu Guttenberg wahrlich einen Bärendienst erwiesen.

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