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Wie gut ist verhalten sich die Schüler?

Leona Hauck aus der Klasse 8c der Neuffener Realschule befragte die Schulsozialarbeiterin Katarzyna Wartenberg, Realschullehrerin Isabella Nuding und Realschullehrer Sven Judas.

NEUFFEN. Was sagen Sie, wie verhalten sich die Schüler untereinander?

Katarzyna Wartenberg (47): Ich würde sagen: unterschiedlich. Ich erlebe beides, einen netten, herzlichen, freundlichen und aber auch respektlosen Umgang miteinander. Im schulischen Alltag entstehen viele Freundschaften und da erlebt man, wie sich die Schüler gegenseitig unterstützen. Auf der anderen Seite gibt es auch viele Konflikte und Streitereien. Wenn Emotionen im Spiel sind, passiert es, dass sich die Schüler gegenseitig beleidigen und verletzen. Hier gibt es noch viel Lernbedarf in Bezug auf Respekt, Selbstkontrolle und so weiter, was aber auch in diesem Alter zur Entwicklung dazugehört.

Sven Judas (32): Sie beleidigen sich viel, aus Spaß? Ob es immer Spaß ist, weiß ich nicht. Ansonsten haben wir wenig Probleme mit Schlägereien, doch die Ausdrucksweise ist rüde.

Isabella Nuding (35): Ich finde nach Corona merkt man schon, dass sich die Konflikte verschärft haben und sie mehr als früher die Ellbogen ausfahren.

Haben Sie eine Idee woran, dass liegen könnte?

Katarzyna Wartenberg: Das hat unterschiedliche Gründe. Im Allgemeinen geht es um die Bedürfnisse verschiedener Menschen, die unterschiedlich sind und unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Man kann zum Beispiel aus dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit heraus versuchen, durch respektloses Verhalten cool zu sein. Man kann auch gestresst sein – beispielsweise wegen der außerschulischen Probleme wie in der Familie oder in Beziehungen oder Probleme, die in der Schule entstehen, mit Noten, mit Druck, mit der Peer-Group. Wenn man schon gereizt ist, reicht nicht viel, um den Emotionen nachzugeben. Sie regulieren zu lernen, gehört zu einem Prozess des Erwachsenwerdens. Gerade Gefühle wie Wut und Angst sind sehr starke Gefühle und schwieriger zu regulieren. Meist entstehen diese unangenehmen Gefühle aufgrund von einem nicht erfüllten Bedürfnis. Sie zeigen uns, dass wir etwas brauchen. Manchmal erfüllen wir uns diese Bedürfnisse dann auf eine ungeeignete Weise.

Sven Judas: Beleidigungen sind für sie keine Beleidigungen. Es ist für ihre Generation normal.

Isabella Nuding: Ich glaube, durch den Lockdown fehlt den Schülern viel Zeit für Erfahrungen im Umgang miteinander. Außerdem werden viele Streitereien aus dem Privatleben vermehrt mit in die Schule gebracht.

Sehen Sie die Möglichkeit dieses Verhalten mittels eines Projekts zu ändern?

Katarzyna Wartenberg: Wir hier in der Schule machen im Rahmen von Mobbing-Prävention in allen Klassen ein Sozialtraining. Ich glaube, wenn man Zeit in die präventiven Angebote zum Thema Soziales Lernen investiert, profitieren alle davon.

Sven Judas: Sanktionen: Einträge verteilen, Nachsitzen lassen, klar machen, dass so etwas nicht geht.

Isabella Nuding: Wir sind als Schule schon gut aufgestellt mit Schulsozialarbeit, Sozialtraining und Klassenlehrerstunden. Es würde sicher nicht schaden, allerdings müssen die nötigen Kompetenzen auch außerhalb der Schule trainiert werden. Die Schule allein kann das nicht stemmen.

Wie lange wird so ein Projekt mit Planung und Aufbau brauchen?

Katarzyna Wartenberg: Es ist eine gute Idee, solch ein Angebot für alle Klassenstufen aufzubauen – wie lange es dauert, ist eine gute Frage. Was auch eine Rolle spielt, ist der Lehrplan und ob es die nötigen Stunden gibt, ein Programm zum sozialen Lernen kontinuierlich in allen Klassen anzubieten.

Sven Judas: Das ist eigentlich ein endloses Projekt, wegen der ständig nachkommenden Fünftklässler.

Isabella Nuding: Das hängt ganz davon ab, um welche Art von Projekt es sich handelt und wer es durchführt. Ein halbes Jahr Vorlauf ist da wahrscheinlich das Mindeste.

Würden Sie es auch in Erwägung ziehen, für dieses Verhalten Strafen zu erteilen, wenn ja, welche?

Katarzyna Wartenberg: Ich bin generell kein Fan von Strafen und Bestrafungen, aus meiner Sicht geht es immer in erster Linie um Selbstreflexion und die Förderung von Mitgefühl. Außerdem finde ich Wiedergutmachung wichtig.

Isabella Nuding: Jedes Verhalten zieht Konsequenzen nach sich, ob gute oder schlecht. Welche Konsequenzen das sind, hängt von jedem einzelnen Fall ab.

Wann wäre die Zeit am besten so ein Projekt zu starten, nach ihrer Meinung?

Katarzyna Wartenberg: Ich würde es gut finden, ein Projekt kontinuierlich während des ganzen Schuljahres anzubieten.

Sven Judas: Immer, weil der Zeitpunkt ist immer da, um an unserem Verhalten zu arbeiten. Theoretisch eigentlich schon jetzt.

Isabella Nuding: Ich denke, nach den Herbstferien wäre es sinnvoll, weil die Klasse dann schon ein bisschen Zeit hatte, sich kennenzulernen und aneinander zu gewöhnen. Ab da sind gewisse Strukturen meistens schon gut zu erkennen.

Würden Sie an diesem Projekt mitarbeiten, wenn ja, in welcher Rolle?

Katarzyna Wartenberg: Gerne, in meiner Rolle als Schulsozialarbeiterin in Kooperation mit den Lehrerinnen und Lehrern.

Sven Judas: Also Mitarbeit ja, in welcher Rolle? Als Beobachter und Feedbackgeber, ob sich was verbessert hat.

Isabella Nuding: Abhängig vom Projekt, ich könnte mich als Begleitperson vorstellen.

Zusatzfrage an Katarzyna Wartenberg: Ist so ein Projekt nicht nur für die fünfte und sechste Klasse?

Erstmal, dann hat jeder eine Grundlage des respektvollen Umgangs, und auf dieser Basis kann man mit allen Klassen weiterarbeiten.

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