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Högy-Schülerinnen berichten über Bodyshaming

Wenn Bodyshaming zu Suizidgedanken führt: Schülerinnen des Nürtinger Hölderlin-Gymnasiums skizzieren die Problematik. Sie haben mit der Psychologin Hannah Kipphan von der Psychologischen Beratungsstelle für Familie und Jugend in Nürtingen gesprochen.

Grafik: Adobestock

Mariella Bertalan, Mia Lenic, Johanna Schönteich und Leonie Schraitle aus der Klasse 9a des Hölderlin-Gymnasiums Nürtingen haben sich mit dem Thema Bodyshaming auseinandergesetzt:

Perfekter Körper, perfekte Haut, warum sieht das bei mir nicht so aus? Diese Frage stellen sich heutzutage viel zu viele Teenager. Aber woher kommt diese Ansicht?

Diese Einstellung wird vor allem durch die unrealistischen Schönheitsideale geprägt, die unsere Gesellschaft hat. Nicht zuletzt haben die Jugendlichen Ziele für ihr Aussehen, die auf natürlichem Wege nahezu unerreichbar sind.

Als Frau sollte man schlank, als Mann durchtrainiert sein. Und alles, was diesem Bodyimage nicht entspricht, wird abgewertet und nicht akzeptiert. Das nennt man dann Bodyshaming.

Die Diplom-Jugendpsychologin Hannah Kipphan von der Psychologischen Beratungsstelle für Familie und Jugend in Nürtingen definierte Bodyshaming so: „Ein Mensch wird aufgrund seines Äußeren abgewertet, beziehungsweise er hat selbst ein kritisches Bild von sich und wertet sich ab.“

Natürlich werden die Menschen in diesen Dingen auch von ihrem Umfeld geprägt, jedoch spielen die Medien hier ihren entscheidenden Teil mit hinein – sei es durch Werbung oder vor allem bei Jugendlichen auf Social-Media-Plattformen wie Instagram oder TikTok. Scheinbar tadellose Körper werden präsentiert, und so wird ein Idealbild geschaffen, mit dem die meisten Menschen der Gesellschaft nicht mithalten können. Diese Bilder spiegeln jedoch häufig nicht die Realität wider, sie sind oft bearbeitet, und viele berühmte Persönlichkeiten unterlagen in ihrem bisherigen Leben nicht wenigen Schönheitsoperationen.

Hannah Kipphan bestätigte, dass laut einer psychologischen Studie mehr Bildschirmzeit zu größerer Unzufriedenheit im Leben führe. Sie meinte aber auch, dass große Unzufriedenheit im eigenen Leben wiederum dazu führen könne, dass man sich ins Internet flüchte. Und hier werde man dann mit lauter perfekten Inhalten konfrontiert.

Viele Jugendliche kritisieren ihren Körper und werden für ihn abgewertet und gemobbt. „Fat Shaming“ ist eine der bekanntesten Formen des Bodyshamings. Übergewichtige Personen werden diskriminiert und haben im Alltag mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Studien, wie beispielsweise die Studie der Universität Tübingen „Übergewicht bringt berufliche Nachteile“, zeigen, dass adipöse Menschen auch im Berufsleben Nachteile haben, da ihnen weniger zugetraut wird.

Stress und Depressionen können Folgen sein

Folgen von Bodyshaming sind zum Beispiel dauerhafter Stress, Depressionen, Schlafstörungen, Essstörungen, Ängste, Suizidgedanken und ein sozialer Rückzug. Laut einer Umfrage des Robert-Koch-Instituts weisen über 30 Prozent der jungen Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren Anzeichen eines gestörten Essverhaltens auf.

Es gibt jedoch auch Menschen, die sich gegen Bodyshaming zur Wehr setzen. Die Bewegung „Body Positivity“ setzt sich für die Abschaffung unrealistischer und diskriminierender Schönheitsideale ein. Jeder Mensch sollte sich in seinem Körper wohlfühlen und ihn lieben.

Kritiker hingegen meinen, dass die Bewegung vor allem von übergewichtigen Menschen heutzutage häufig dazu benutzt werde, um sich jeglicher Kritik zu entziehen und seinen ungesunden Lebensstil irgendwie als gesund zu verkaufen, auch wenn man dabei wissenschaftliche Fakten ignoriere.

Hannah Kipphan findet den Grundgedanken von „Body Positivity“ gut, allerdings entstehe aus ihrer Sicht ein hoher Druck, jeden Tag in den Spiegel zu schauen und zu sagen „Ich seh gut aus“. Man dürfe seinen Körper manchmal schön finden und manchmal nicht. Außerdem werde der Wert eines Menschen nicht nur durch den Körper definiert.

Denselben Ansatz vertritt auch die Bewegung „Body Neutrality“. Sie versucht den Fokus einmal ganz weg von unserem äußeren Erscheinungsbild zu lenken und unser Selbstwertgefühl nicht von unserem Aussehen abhängig zu machen.

Auf die Frage, was Betroffene gegen Bodyshaming tun können, antwortete Hannah Kipphan, dass es wichtig sei, sich anderen anzuvertrauen, wie beispielsweise Schulsozialarbeitern, Lehrern, Freunden oder seinen Eltern. Man solle sich außerdem nicht alles gefallen lassen und mit sich selbst tolerant sein.

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